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Ohnefalsch-Richter, Max
Kypros, Die Bibel und Homer: Beiträge zur Cultur-, Kunst- u. Religionsgeschichte des Orients im Alterthume, m. bes. Beruecks. eigener zwoelfjaehrigen Forschungen u. Ausgrabungen auf d. Insel Cypern (Text) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5181#0280

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Cap. 3. Die Gottheiten, Fabelwesen und deren Culte. 271

einen Kegel zu bilden, würden wir doch in den cyprischen Massenausgrabungen Kegelbilder in den
Fundschichten der vorgraecophönikischen Kupfer-Bronzezeit gefunden haben, wäre der Kegel verehrt
worden. Die einzigen Versuche, einen Doppelkegel ähnlich einer Sanduhr mit den Spitzen aufeinander,
den Breitseiten nach oben und unten darzustellen, beschränken sich auf zwei Siegelcylinderfunde.
Der eine dieser (Zylinder wurde während meiner Anwesenheit auf Cypem gefunden und von F. Dümmler
und mir gesehen. Der zweite (Salaminia S. I28 Fig. 118 = Taf. LXIX, 50 = CXXI, 4) wurde früher
von A. P. di Cesnola erworben. Diese Figuren scheinen schon der Horizontallinie wegen, welche
durch die Verbindungsstelle heider Cylinder gelegt ist, Nachbildungen von Holzgestellen, von
Äscheren zu sein. Ganz anders in der graecophönikischen Zeit.

Kehren wir nochmals nach Idalion in den Dezirk der Astarte-Aphrodite (No. 3 der Liste)
zurück, so grub zwar auch ich keine Kegel seihst aus, doch mangelte es hier nicht an anthropo-
morphen Thonbildern, bei denen Brust, Kopf und Anne eines Weibes auf einem Kegel oder einer
Säule sitzen (Taf. L, 6 u. LI, 6, 8 u, 9). Davon stellt die am besten ausgeführte (L, 6) Statuette
entweder die den Segen ertheilende Göttin oder die Hohepriesterin des Heiligthums als deren Stell-
vertreterin dar.*) Taf. XXXVII, 9 ist die aus einem Kegel anthropomorph herauswachsende
Astarte-Aphrodite zugleich als fruchtbare Nährmutter mit dem Kinde, das sie in der Linken hält, und
als befruchtende Wassergöttin mit dem Kruge auf dem Kopie dargestellt. Ausser in Cypern ist die
anikonische Gestaltung des Aphroditetypus als Steinkegel nur bei semitischen Völkern (besonders bei
den Phöniziern in Byblos, Taf. LXXXII, 7) localisirt und fehlt in dieser Form in Griechenland. Da-
gegen begegnen wir in Athen der Aphrodite, der ältesten der Moiren, als viereckiger Herme. Der
Cult dieser Gottheit wird ebenso sicher von KyprOS gebracht worden sein, wie der
Cult der Aphrodite tr -/.{nou und iv xuh'tfioic, und der nävdrjiioc. Wenn Eros in Thespiai unter
dem Bilde eines alten, rohen Steines verehrt wurde, so mag dieser Steincultus von Kypros aus semi-
tischer Quelle stammen. Die vielen Beziehungen böotischer und kyprischer Culte konnten diese
LJebertragung des Steinfetisches von der Mutter auf das Kind begünstigen. Die ältesten menschen-
ähnlichen Idole der Astarte-Aphrodite sind aus Hol/ geschnitzte Brettidole gewesen. Thönerne Nach-
bildungen aus sehr alter Zeit sind auf,Taf. XXXVI, 3**) Taf. XXXVII, 7 (hier mit dem Kinde)
und Taf. LXXXVI abgebildet.***) Diese Brettidole, die fast stets bekleidet sind,f) scheinen zum Theil
wenigstens in die Zeit vor dem babylonisch-assyrischen Linlluss zu fallen. Wie dieser Brettidoltypus
nach Kypros kam, ist noch nicht sicher aufgeklärt. Ich glaube, er ist auf der Insel selbst entstanden.

Mit dieser ist eine bei Perroi III. S. 563, Fig. 384 abgebildete, fast identische Thonfigur zu ver-
gleichen. Die X«racotta LI, 9 ist auf Taf. XXXVII, 3 wiederholt. Die Mutter hält das Kind (Adonis-
Rygmalion?!. Taf. LI, 8 eine Tympanornschlägerin. Taf. LI, 6 eine Frau mit erhobenen Armen, sehr roh.
Tat! hWlY^J. Vergl. auch oben S. 207 den Abschnitt über die l\ur<J0Z()6(f0C.

Näheres vergl. die Erklärungen der Tafeln. Ueber das Idol LXXXVI, 2 vergl. oben S. 196 das über
die Sonnenbäder Gesagte.

v") Eine einzige Ausnahme scheint das Idol LXXXVI, 4 zu bilden, welches vielleicht nackt gedacht
ist. Alle übrigen sind bekleidet dargestellt, wie die Andeutung der Gewandung darthut. Vergl. auch oben
S. 36. Fig. 29 u. 30. No. 30 von hinten ist auf Taf. LXXXVI, 7 von vorn wiedergegeben. Ich komme unten
bei der Tanit-Artemis auf eine alte, stets bekleidete babylonische Göttin zu sprechen, die von Ed. Meyer in
Roscher's Mythol. Lexikon, S. 6+7 als bekleidete babylonische Astarte abgebildet ist. Bei der Differenzirung
wurde aus der bekleideten Baalal die Tanit-Artemis, aus der nackten Astarte-Aphrodite die gewaffnete
Anat-Athene.
 
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