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Olbrich, Joseph Maria; Hevesi, Ludwig [Auth. o. Intro.]
Ideen von Olbrich — Leipzig, [1904]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23918#0014
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so bauen. Es ist Freude in diesen Dingen, und
Absicht, Freude zu machen.

Als Architekt ist Olbrich vor Allem Raum'
poet. Baukunst ist ja Raumkunst, der Raum
der ideale, körperlose Rohstoff, den der Bau'
künstler modelt, wie der Bildhauer den Stein.
Schon darum erscheint der Baukünstler dem
Dichter, dessen Rohstoff der Gedanke ist, eigen'
thümlich verwandt. Beide handhaben und formen
das Ungreifbare. Die Raumkunst freilich hat
dieses Jahrhundert hindurch schwer gelitten,
denn allen Bauenden war eine bestimmte Anzahl
fertiger Formen auferlegt, in die der Raum
gleichsam gegossen werden musste. Was blieb
da für das Individuelle übrig? Wo es sich hervor'
wagte, wurde es als Verwilderung und Zucht'
losigkeit verpönt. Heute aber wird persönlich
gemalt, gemodelt und auch gebaut. Heute sind
wieder Raumdichter möglich, und Olbrich ist

einer. Schon seine Grundrisse lesen sich über'
sichtlich und intim zugleich wie ein Gedicht
in Strophen. Vollends betrachte man gewisse
Gemächer in seinen Häusern; es sind Raum'
dichtungen. Lyrische sogar, wie das Schlafzimmer
der Villa F., mit den in Schlaf gesenkten Veilchen'
häuptern, die im veilchenblauen Holzwerk ge'
schnitzt sind, und dem Engel des Schlafes, dessen
mächtige Fittiche das Fensterpaar umrahmt
halten, und dem luftigen Birkenhain, der sich
als lichte Malerei um alle vier Wände zieht.
Heute sind Raumgedichte bereits möglich. Was
man die vier Wände oder gar vier Pfähle nennt,
die Raumprosa unserer Eltern und Grosseltern,
nimmt bei Olbrich ganz eigene Rhythmen an.
Er scheint im Kubischen des Raumes frei zu
phantasiren und gestaltet es in der grössten
Mannigfaltigkeit. Mauerwerk und Holzwerk ver'
mählen sich bei ihm in ganz organischer Weise

VIII
 
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