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von 0. L. 80N>VL^I.^

l X rgendwo in der heißen Buschwüste
» Australiens lebt ein Mensch. Zwan-
zig Jahre lang hat er sein Leben ge-
lebt, nicht anders als die anderen. Mit har-
ten Fäusten hat er gearbeitet. — Schlag sür
Schlag, Griff für Griff. Dann hat es ihn ge-
packt. Von seiner Arbeit weg ist er in seinen
Feierstunden zum Sportplatz gegangen. Zum
Sportplatz, der auch in den heißen Busch-
wüsten Australiens den Menschen etwas be-
deutet.

Irgendwo in Europa, in Asien, in
Amerika leben Menschen,
denen es nicht anders
erging. Menschen, die
aus Städten, aus Wäl-
dern und Gebirgen zum
Sportplatz gingen. Men-
schen, die dort in unstill-
barer Begeisterung für
Sport und Kampf höher
und höher wuchsen — weit
hinaus über Mittelmäßig-
keit und Durchschnitt —
hinein mi-die 'EiäsaKckeit i
großer Kämpfer.

Irgendwo ertönt von Zeit
zu Zeit der Klang einer
Glocke. Immer wieder, ir-
gendwo in einem Lande der
Erde. Heute hier, in vier
Jahren dort. Von Erdteil
zu Erdteil wandert ihr
Schall, von Land zu Land,
von Ohr zu Ohr.

„Ich rufe die Jugend der
Welt!"

Olympia! — Du, in dei-
nen Buschwüsten Austra-
liens höre den ehernen Ruf
und komme! Ihr, zwischen
den Wolkenkratzern Ameri-
kas — ihr in den Tälern
Asiens — und ihr, Söhne
und Töchter Europas —
hört die Glocke und kommt!
Olympia rust euch!

fängt dich im Turban und feierlich schwarzem
Rock. Er ist Professor an der Universität in
Lahors. Des Abends, wenn Training und
Mahlzeit vorüber sind, sitzt er mit seiner
Mannschaft, sitzt er mit den Mannschaften der
anderen Ländern beisammen. Heute mit einem
schwarzäugigen Burschen von den Philippi-
nen, morgen mit einem Sohn Japans.

Vielleicht willst du auch einen abendlichen
Gang mit mir durchs Dorf tun. Siehst du
die hohe Gestalt, die dort an der Hauswand
lehnt? Es ist der Mann aus Australien. Viel-

Frage einen von ihnen, ob es Sensation
ist, die sie in solchen Bann schlägt. Du wirst
keine Antwort bekommen, denn die unheim-
liche Größe dieses Augenblicks macht sie schwei-
gen.

Sieh dort die dreizehn Mädchen, die in
antiken Gewändern Olympias Stadion durch-
schreiten. Sieh, wie sie niederknien, wie eine
aus ihrem Kreise die Fackel am Licht der
olympischen Sonne entzündet. Und sieh, wie
sich die Fackel in das Altarbecken senkt, um
dort das heilige Feuer zu entflammen.

u«-

Sommersonne über Ber-
lin! Wehende Fahnen in
den Straßen, gigantische
Bauten vor der Stadt.

Olympia 1936.

Im Olympischen Dorf sind die Mannschaf-
ten der Nationen eingezogen. Kleine, saubere
Häuser beherbergen sie — zweihundert Köche
sorgen für sie. Die Offiziere des olympischen
Ehrendienstes sind ihnen Mittler und Kame-
raden.

Dort.draußen wohnt in einem kleinen Dorf
die ganze Welt. Komm' und geh' in jenes
Haus dort hinter den Bäumen — und du bist
bei den Indern. Der Mannschaftsführer emp-

ein Lüci können uns nun ckie T'aye „Oij/nr/na«" «e/renken. La ist ckie /neunckiieke L>onüenin au» ckenr
kennen Osten, unck cka ist cten ^nctenken-kunAni^e Sar,en in «einen Lnacktectennen. /n wetciren S/n aeke en
«ein „Litte nee/rt tneuncktictr" vonseSnaekt Kat, wissen win niekt. NEn /Akten nun — ctie keicten Kaken siek
eenstancken. Sie Kaken ctie Lnücke sescktasen. Lin netten, kteinen Lcknap/rsckuk — unct «tack wiecken
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ükenatt in Lentin ru Sause ist

Unter dem Sternenbanner knattert die
olympische Flagge im Wind. Fünf Ringe
auf weißem Grund. Hell leuchtend gegen das
Dunkelgrün des Ozeans, gegen das Blau des
Himmels.

Vierhundert junge Menschen kommen nach
Deutschland. Vierhundert heiße Herzen schla-
gen einem großen Ziel entgegen.

Laßt euer Schiff schneller durch die Wogen
eilen! Laßt eure Herzen noch höher schlagen!
Dort, wo sich der Horizont dunkel aus dem
Wasser hebt, wartet auf euch die Welt!

Nun, da ihr an Land seid,
kommt auch ihr zu uns. Die
heilige Flamme ist schon
unterwegs.

Dann werdet ihr alle
Kämpfer sein. Im heißen
Jubel der Begeisterung
werdet ihr siegen oder
unterliegen. Vielleicht wirst
du mit dem Oelzweig in
Heimat zurückkehren, viel-
leicht wird es ein anderer
sein, der sich den Preis er-
rang. Aber ob du es bist,
der du aus Australien zum
Kämpfe kämst, oder du aus
dem Fernen Osten, — ihr
werdet es nie selbst sein.
Denn seht euch um —,
hinter euch steht hoch und
heilig die Ehre eurer
Nation!

Laßt an den Siegermasten
die Flaggen in die Höhe
steigen, — stimmt ein in die
Hymnen der siegenden Län-
der! Es steht ein Kämpfer
unter den Farben seines
Vaterlandes. Es umjubelt
ihn eine Welt. Ihm zum
Dank und seinem Land
zur Ehre.

leicht denkt er an die heißen Steppen seiner
Heimat.

*

Unter Griechenlands heißer Sonne steht
ein Häuflein wartender, fiebernder Menschen.
Zeitungsleute, Pressefotografen, Funkmen-
schen. Mit Schreibmaschinen, Kameras, mit
Mikrophonen.

Was werden sie schreiben? Was werden sie
knipsen? Was werden sie berichten? — Was
ist die große Sensation?

Nein, du träumst nicht. Du siehst nicht
zweitausend Jahre zurück. Der griechische
Jüngling, der mit seiner Fackel am Altar das
Feuer aus dem Feuer nimmt, ist aus unserer
Zeit. Er ist der Erste in der langen Kette, die
das Feuer weiterträgt. Durch sieben Länder —
von Olympia nach Berlin. Dort wartet eine
Welt auf diese Flamme.

Ueber den Ozean kommt ein Schiff. Sein
Kiel zerpflügt schäumend die Wogen. Es
kommt von New Jork. Es fährt nach Hamburg.

Und dann wird der
Ton der Olympiaglocke
zUm letzten Male über
das Kampffeld schwin-
Zeit. Er ist der erste in der langen Kette, die
löschen.

Ihr alle, die ihr zu uns gekommen seid,
werdet wieder von uns gehen. In eure
Städte, in eure Berge, in eure Wälder.

Aber wir werden trotzdem nicht vonein-
ander geschieden sein. Es wird eine Brücke
zwischen uns sein, -- von Land zu Land, von
Erdteil zu Erdteil. Eine eherne Brücke, ge-
baut von der Jugend der Welt . . .1
 
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