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berichte von den flbendspielen

Norwegen-Deutschland 2:0

Wir haben uns dieses unglückselige Spiel immer
schon sehr schwer vorgestellt, wir hatten aber
nicht damit gerechnet, daß der Kampf so schwarz
für Deutschland werden würde. Die Norweger
sind eben eine Mannschaft, die mit ihrem sach-
lichen und schnellen Kampfspiel von den Deutschen
sehr schwer zu schlagen ist. Und das Verhängnis,
das bei den Norwegen-Spielen immer eine Rolle
spielt, wollte es, daß die deutsche Mannschaft vor
dem norwegischen Tor an diesem Tage vollkommen
vom Glück verlassen war. Unsere Elf fand vor der
Pause überhaupt keinen Zusammenhang, und als
sie nach dem Wechsel in einem heldenhaften Kampf
und mit einem unheimlichen Einsatz aller Spieler
Norwegen glatt überspielen wollte, gelang aber
auch gar nichts, was die deutschen Spieler in den
entscheidenden Augenblicken versuchten. Die deut-
schen Spieler waren jeder für sich nicht einmal
schlecht, kämpferisch sogar ganz vorzüglich, aber
ein Zusammenhang zwilchen den einzelnen Reihen
der deutschen Elf fehlte, und er war auch dann
noch nicht da, als die Kampfmoral sie zu über-
legenen Beherrschern des Feldes machte.

Die allgemeine Unsicherheit wurde natürlich
dadurch ausgelöst, daß die Norweger sehr früh
in Führung gingen. Von diesem Augenblick an
herrschte im deutschen Sturm zeitweise eine
drückende Zerfahrenheit. Nur Lehner, der mit
Eiffling eine Einheit bildete, zeigte immerhin
noch eine Leistung, aber Urban war nur ein
Schatten von dem ballgewandten und entschlosse-
nen Draufgänger, als den wir ihn gegen Luxem-
bürg bewundert hatten. Alle Künste halfen nichts,
sie brachten zwar den deutschen Sturm immer
wieder bis fast in das feindliche Tor, dort aber,
wo die letzten Stürmertugenden gezeigt werden
mußten, lief sich der deutsche Angriff leer.

Die Läuferreihe wurde von der allgemeinen
Unruhe auch beeinflußt, und sie spielte auch, als
die Stunde zur Entscheidung drängte, immer noch
zu viel aus Verteidigung, anstatt alles auf dir
große As-Karte des Angriffs zu stellen. Immer-
hin zeigte Grämlich noch eine kluge und auch
von dem Gang der Dinge unbeeinflußte Haltung,
und dasselbe kann man auch von Goldbrunner
sagen, der aber doch schließlich die große Ueber-
sicht und die geistige Führung seiner Elf verlor.
Auch Vernarb kam über einen braven und ein-
drucksvollen Kamps nicht hinaus. In der Ver-
teidigung war Münzenberg einzig und eisern,
und er zog durch seine Energieleistung den weni-
ger entschlossenen Ditgens mit. Jakob dagegen
machte einen sehr unsicheren Eindruck.

Die Norweger verteidigten verzweifelt, und
die Art, wie sie ihren Vorsprung hielten, läßt
ihren Sieg allein schon gerecht erscheinen, wenn
auch die Deutschen Beherrscher des Feldes waren.
Eine unheimliche Kampfmoral ging von dieser
norwegischen Mannschaft aus, Ihre Verteidigung,
ganz groß im Kopfspiel, schien aus Stahl, und
der Torwart, der ein Tausendkünstler war, schien
aus dem gleichen Stoff. In dem sehr gefährlichen
und bei seinen wenigen Vorstößen auch sehr klug
spielenden Angriff war der Linksaußen ein
außerordentlicher Ballkünstler. Dem Kampf
wohnten der Führer, der Stellvertreter des Füh-
rers, Rudolf Heß, Reichsminister Dr. Goebbels
und Reichsminister Dr. Frick bei.

Es ist eine vielsagende Stille vor dem Spiel-
beginn unter den 40 000 Zuschauern eingetrsten.
Man weiß, was auf dem Spiele steht. Vorerst
sieht es noch sehr vielversprechend für Deutsch,
land aus. Aber schon in der 7. Minute bringt

der Halblinke von Norwegen einen Schrägschuß
an, und das erste Tor der Gegner ist fertig.

Das bringt eine offensichtliche Aufregung in
die deutsche Mannschaft. Auf der anderen Seite
geben Erfolge Mut, und die Norweger greifen
unentwegt an. Groß spielt in dieser bangen
Zeitspanne Lehner, der auch in den Tausenden
Hoffnungen erweckt, und mit seinen Läufen kommt
immer Leben in den deutschen Sturm. Da geht
ein einziger Schrei durch das erregte Stadion.
Urban vor dem Norweger Tor tritt über den
Ball — und dann ist Norwegen wieder durch-
gebrochen. 40 000 Menschen halten den Atem an,
aber es geht diesmal gut, und nun scheinen die
Deutschen auch wieder ruhiger zu werden. Gräm-
lich spielt groß auf, und die rechte deutsche Sturm-
reihe kommt auch glänzend vor. Aber unent-
schlossen schieben Lehner und Eiffling den Ball
hin und her.

Das Stadion lebt und bebt mit dem Kampfe.
Und als minutenlang der Ball im deutschen
Strafraum festsitzt, ist eine Aufregung ohne
gleichen in den Massen. Inzwischen reiten die
deutschen Stürmer tatsächlich gute Attacken, und
das Brausen der erregten Massen steigert sich von
Minute zu Minute, weil ein Erfolg für Deutsch-
land reif zu sein scheint. Aber eisenhart arbeiten
die Hinteren Reihen der Norweger. Lenz bremst
vorn immer wieder den Lauf der deutschen An-
griffe. Inzwischen steht Grämlich sehr ruhig und
nervenstark in der Brandung der norwegischen
Vorstöße. Simetsreiter verfehlt einen Torschuß.
Darauf bricht Urban durch, aber er ist in der
Mitte von zwei verzweifelt verfolgenden norwe-
gischen Verteidigern und er wird abgedrängt. Die
ersten bangen Blicke nach der Uhr, eine halbe
Stunde ist vergangen. Die Norweger führen 1:0.
Und diese kaltblütigen und entschlossenen Burschen
machen nicht den Eindruck, als ob sie von ihrem
Vorsp'rung lassen wollen.

Norwegen spielt nun lange, harte Vorlagen,
ganz englisch. Dann fließt der deutsche Angriff
wunderbar vor, Lenz faßt plötzlich den Ball aus
der Luft und schießt. Der norwegische Torwart
Iohansen hält — das war eine nicht zu schil.
dernde Parade. Nun reißt auch' die Verbindung
zwischen Siffling und Lehner ab. Immer wieder
wirft sich der frische Läufer Norwegens in die
Kombinationszüge der rechten deutschen Sturm-
reihe, die allerdings immer noch den beschwingen-
den Flügel des deutschen Angriffs bildet. Lenz
bleibt immer noch am Ball, aber er hat keinen
Ruhepunkt. Er ist kein Feldherr in dieser un-
glücklichen Schlacht. Unheimlich klar kommen
auch weiterhin die norwegischen Vorstöße.
Deutschland drängt wohl weiter, doch vor dem
Tor sind die Deutschen verzagt und verzweifelt.
Münzenberg dagegen in der Verteidigung steht
kalt und hart in der norwegischen Sturmflut. Die
norwegischen Verteidiger sind auf der anderen
Seite viel zu sicher im Kopfstoß. Sie beherrschen
ihren Strafraum und zerstören alle Hoffnungen
der 40 000. So kommt die Pause.

Deutschland erscheint mit neuem Mut wieder
auf dem Spielfeld. Indessen haben die deutschen
Stürmer vor dem feindlichen Tor kein Herz. Dann
schießt Urban aus einer Entfernung, aus der es
eine Sünde ist, das Tor zu verfehlen. Lenz spielt
halbrechts. Siffling ist in die Mitte gegangen.
Und in der Folge brandet eine Sturmwslle nach
der anderen gegen das norwegische Tor. Die Zu-
schauer schwanken zwilchen Entzücken und Ver-
zweiflung. Denn es fällt kein Treffer, und die

Uhr im Poststadion schreitet unbarmherzig vor.
Hand im norwegischen Strafraum, wird von dem
englischen Schiedsrichter, Dr. Barton, übersehen.
Die Deutschen belagern das norwegische Tor. Die
Spannung wird quälend. Lenz schießt wieder
daneben. Die Zuschauer springen auf. Es soll
wohl nicht sein? Und damit wird es immer dra-
matischer. Der Ball kommt in der Zwischenzeit aus
dem norwegischen Strafraum nicht mehr heraus.

Nun haben sich die Norweger aber doch aus
der eisernen Umklammerung gelöst, aber ihre
Vorstöße scheinen inzwischen matter geworden zu
sein. Wer jetzt das nächste Tor schießt, hat ge-
wonnen. Das ist die bittere Weisheit unter
den Zuschauern. Und es bleibt weiter ein volles
Würfelspiel. Norwegen ist wieder dal Jetzt
schreien Tausende von Menschen Rah-Rah-Rah-
Germania! Aber es hilft alles nichts. Die
Deutschen schießen so schlecht wie nie. Einer
ruft laut über die Tribünen „hinein", und wie
auf ein Signal nimmt Urban wundervoll auf;
aber der Ball, gegen den es keine Parade ge-
geben hätte, streicht über die Latte.

Die deutsche Mannschaft kämpft nun ver-
zweifelt. Ein Endkampf ohnegleichen ist los-
gebrochen, ein echtes olympisches Fußballspiel.
Und nun geschieht in der neunten Minute vor
Schluß das Unerhörteste in dem abwechslungs-
reichsten Ringen: Der norwegische Rechtsaußen
hat den deutschen Torwart umspielt und schießt in
seiner Aufregung über das verlassene Tor. Beide
Mannschaften raffen sich noch einmal mit helden-
hafter Hingabe auf, und ein Kampf, wie er nur
zwischen ganz großen Gegnern zu sehen ist, scheint
mit 1:0 seinem Ende entgegenzugehen. Aber vier
Minuten vor Schluß ist der Rechtsaußen von
Norwegen noch einmal durchgebrochen und er
schießt in die Mitte, und dort ist der Halblinke,
um einzuschicßen.

Das bedeutet das Ende des Dramas. Asdbut

Wir haben nun die Bescherung. Die Gruppe 0
entwickelt sich weiter als soksnt tsrribls dieses
Hockeyturniers. Holland verlor kürzlich einen
Punkt gegen Belgien, und jetzt knöpfte Belgien
auch Frankreich einen Punkt ab. Was das für
die Franzosen heißt, kann heute noch niemand
ganz ermessen. Es kann für sie bedeuten, daß alle
Träume von einer Teilnahme an der Zwischen-
runde zu Schaum werden, es kann damit zugleich
bedeuten, daß die Belgier das Ziel erreichen, das
sie sich gesetzt haben. Wieder wie in Amsterdam
in die Zwischenrunde zu kommenl

Belgien spielt gegen Frankreich 2:2, ja führt
sogar schon 2:0. Das ist um so überraschender,
als die Propheten im Vaterlande der Belgier von
einer Entsendung einer Hockeymannschaft zu den
Olympischen Spielen absolut nichts wissen woll-
ten. Sie hielten das Beginnen für völlig aus-
sichtslos angesichts der großen Gegnerschaft. Und
nun muß Holland einen Punkt gegen die Belgier
lassen, das gefürchtete Holland, und auch Frank-
reich ergeht es nicht besser.

Frankreich muß nun noch gegen Holland spielen
und Belgien gegen die Schweiz. Verliert Frank-
reich gegen Holland, was ja anzunehmen ist, und
gewinnt Belgien gegen die Schweiz, was der
Papierform nach auch ,chrin" ist, so wäre Belgien
der lachende Dritte — oder vielmehr Zweite dieser

//a//'en —

Das zweite Zwischenrundenspiel des Freitags
fand im Mommsen-Stadion statt. Es führte
Italien mit Japan, dem Ueberraschungssieger
gegen Schweden, zusammen. Der Besuch des
Spieles litt natürlich darunter, daß es zugleich
mit dem Deutschland-Spiel gegen Norwegen statt-
fand. Immerhin waren etwa 6000 Zuschauer
erschienen. Besonders stark vertreten war die
italienische Kolonie und ebenso sah man einen
starken japanischen Block.

Man hatte allgemein ein Spiel erwartet, in
dem Italien sehr viel Mühe mit den Japanern
hätte. Es wurde wieder einmal ganz anders.
Die erste Halbzeit allerdings konnte von den Ja-
panern noch einigermaßen offen gehalten Wer-
dern Die Italiener, die ein viel weitmaschigeres
Feldspiel zeigten und die vor allem viel robuster
als die Japaner waren, holten in der 15. Minute
das erste Tor heraus, und zwar erzielte es der
Rechtsaußen Frossi. In der 35.. Minute war der
Mittelstürmer der Italiener gut in Stellung,
seine Vorlage zum Halblinken Biaga kam haar-
genau, so daß der Schuß des Letzteren saß. Mit
dieser 2:0-Führung für Italien ging es in die
Pause.

Die zweite Halbzeit brachte das Zusammen-
klappen der Japaner. Sie wurden immer lang-
samer, und ihr bisher recht flüssiges enges Paß-
spiel immer ungenauer. Schon in der 56. Minute
holte wieder der Halblinke Biagi das dritte Tor
heraus. Mit südländischem Temperament wurde
der Torschütze unten auf dem Spielfeld gefeiert..
Dann fielen in unregelmäßigen Abständen die
weiteren Tore.

Gruppe, der gegen Indien in der Zwischenrunde
spielt.

*

Was soll man von den Indern heute sagen,
nachdem sie sieben Tors gegen Amerika schossen?
Man wird vielleicht etwas lächeln, weNn. wir auch
dieses Mal ebensowenig zufrieden sind wie gestern
mit der deutschen Elf, trotz ihres 6:0 gegen
Dänemark und schon kürzlich mit den Indern
nach ihrem 4 :0 gegen Ungarn. Das alles war
noch nicht die letzte, große Reife, die. wir hoffent-
lich in den beiden Spielen der Zwischenrunde und
vor allem im Endspiel wieder werden bewundern
können. Das war Stückwerk. Es wav alles nicht
überzeugend, es. lagen allzu viele Müde Augen-
blicke, die sich zu ganzen Phasen ausdehnten,
in diesem Spiel der Inder gegen dis Ämerikaner,
die viel, viel schneller waren, als neulich gegen
die Japaner, auf deren Spiel gegen die Inder
man wirklich sehr gespannt sein darf.

Typisch für das Spiel Indien—USA war dis
Tatsache, daß dis Inder in beiden Halbzeiten ge-
nau 27 Minuten verstreichen ließen, ehe sie ein
Tor schossen. Den restlichen Teil beider Halb-
zeiten uützten sie dann um so ergiebiger aus. Die
neun Minuten der ersten Halbzeit reichten zu
drei Erfolgen, die letzten neun der zweiten zu
vier Treffern. Und diese letzten neun Minuten
waren es, die uns eigentlich wieder etwas mit
den Indern versöhnten.

Leckerbissen im Hockexstadion

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