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Altmexikanische Kunstgeschichte.
angrenzenden Länder der Tierra caliente. Sie umfassen die eigentlichen Otomi
und die südlich von ihnen auf dem Hochtale von Toluca angrenzenden Mazahua
und Matlatzinca oder Toloque (Pirinda im Taraskischen) nebst den
Ocuilteca (M a 1 i n a 1 c a). In diese Otomi-Völker drangen Mexikaner in ver-
schiedenen Schüben ein.
An diese Urbevölkerung schließen sich als Urverwandte die Chocho-Popo-
1 o c a , die heute nur als Völkersplitter im Süden von Puebla und im nördlichen
Oaxaca sich erhalten haben. Einstmals hatten sie eine weit größere Ausdehnung
und fallen nach meinen letzten Forschungen im wesentlichen mit den alten O 1 m e k e n
(Olmeca-Uixtotin) zusammen. Dies waren Bewohner der fruchtbaren tropischen
Küstenländer der Golfküste südlich von Vera Cruz. Sahagun, der die altmexika-
nischen Überlieferungen aus dem Munde erfahrenster Indianer bis in sein Greisenalter
sammelte, betont, daß diese Olmeken keine Chichimeken waren, sondern Olmeca-
Uixtotin-Nonoualca. Das besagt, daß sie nicht vom Norden eingewandert, son-
dern altansässige, ursprünglich fremdsprachige und fremdrassige, wenn auch später
zum Teil toltekisierte Barbaren gewesen sind. Schon frühzeitig wurden sie von
toltekischer Kultur und Sprache beeinflußt, und gerade ihr Gebiet, der innere Golf-
winkel, blieb auch bis in die aztekische Zeit hinein eine Stätte besonders hoher
Geistesbildung, wie vor allem der aus dieser Gegend stammende, herrliche Codex
Borgia beweist. Der weitgehende toltekische Einfluß auf dieses „reiche"’ Randvolk
findet seine Erklärung unter anderem darin, daß durch ihr Gebiet jene Handels-
straße ging, die vom zentralen Hochlande nach Tabasco und den Mayaländern
führte. Daher wurden diese olmekischen Stämme in einer späteren Zeit — vom
Standpunkte der Azteken aus — für Kinder Quetzalcouatls (des Gottes der Tolteken,
der wandernden Kaufleute) gehalten.
In alter Zeit saßen Olmeken in Tlaxcala, wo sie als P i n o m e noch nachmals ein
Stadtquartier innehielten. Auch in Cholula, dem Rom der Neuen Welt, hatten offen-
bar schon früh toltekisierte Olmeken die politische Vorherrschaft an sich gerissen.
Die geistige Herrschaft werden die Tolteken wohl zu allen Zeiten ausgeübt oder
wenigstens ihren Nachfolgern hinterlassen haben. Von der übernommenen tol-
tekischen Sprache, die ein Nahuat war, gibt Bischof Lorenzana eine Nachricht.
Er nennt den Dialekt der Gegend von Puebla geradezu „Olmeco-Mexicano“. Aus
dem aztekischen Texte der Historia Tolteca chichimeca*) der Pariser Nationalbiblio-
thek ergibt sich historisch Grundlegendes für die ganze alte Geschichte Amerikas:
die Vertreibung der (toltekisierten) Olmeken aus Cholula erfolgte mit Hilfe kriegs-
tüchtiger Nahuatlaken im Jahre 1168 n. Chr. Da man im Torquemada liest, daß
*) Das Manuskript hat auf der ersten Seite eine Bilingue in aztekischer und Chocho-Sprache,
wie mir nachzuweisen gelungen ist. Auch dieser Umstand kann als Beweis mehr dafür gelten,
daß die «Sprache der Olmeca-Uixtotin ein Chochodialekt gewesen ist.
Altmexikanische Kunstgeschichte.
angrenzenden Länder der Tierra caliente. Sie umfassen die eigentlichen Otomi
und die südlich von ihnen auf dem Hochtale von Toluca angrenzenden Mazahua
und Matlatzinca oder Toloque (Pirinda im Taraskischen) nebst den
Ocuilteca (M a 1 i n a 1 c a). In diese Otomi-Völker drangen Mexikaner in ver-
schiedenen Schüben ein.
An diese Urbevölkerung schließen sich als Urverwandte die Chocho-Popo-
1 o c a , die heute nur als Völkersplitter im Süden von Puebla und im nördlichen
Oaxaca sich erhalten haben. Einstmals hatten sie eine weit größere Ausdehnung
und fallen nach meinen letzten Forschungen im wesentlichen mit den alten O 1 m e k e n
(Olmeca-Uixtotin) zusammen. Dies waren Bewohner der fruchtbaren tropischen
Küstenländer der Golfküste südlich von Vera Cruz. Sahagun, der die altmexika-
nischen Überlieferungen aus dem Munde erfahrenster Indianer bis in sein Greisenalter
sammelte, betont, daß diese Olmeken keine Chichimeken waren, sondern Olmeca-
Uixtotin-Nonoualca. Das besagt, daß sie nicht vom Norden eingewandert, son-
dern altansässige, ursprünglich fremdsprachige und fremdrassige, wenn auch später
zum Teil toltekisierte Barbaren gewesen sind. Schon frühzeitig wurden sie von
toltekischer Kultur und Sprache beeinflußt, und gerade ihr Gebiet, der innere Golf-
winkel, blieb auch bis in die aztekische Zeit hinein eine Stätte besonders hoher
Geistesbildung, wie vor allem der aus dieser Gegend stammende, herrliche Codex
Borgia beweist. Der weitgehende toltekische Einfluß auf dieses „reiche"’ Randvolk
findet seine Erklärung unter anderem darin, daß durch ihr Gebiet jene Handels-
straße ging, die vom zentralen Hochlande nach Tabasco und den Mayaländern
führte. Daher wurden diese olmekischen Stämme in einer späteren Zeit — vom
Standpunkte der Azteken aus — für Kinder Quetzalcouatls (des Gottes der Tolteken,
der wandernden Kaufleute) gehalten.
In alter Zeit saßen Olmeken in Tlaxcala, wo sie als P i n o m e noch nachmals ein
Stadtquartier innehielten. Auch in Cholula, dem Rom der Neuen Welt, hatten offen-
bar schon früh toltekisierte Olmeken die politische Vorherrschaft an sich gerissen.
Die geistige Herrschaft werden die Tolteken wohl zu allen Zeiten ausgeübt oder
wenigstens ihren Nachfolgern hinterlassen haben. Von der übernommenen tol-
tekischen Sprache, die ein Nahuat war, gibt Bischof Lorenzana eine Nachricht.
Er nennt den Dialekt der Gegend von Puebla geradezu „Olmeco-Mexicano“. Aus
dem aztekischen Texte der Historia Tolteca chichimeca*) der Pariser Nationalbiblio-
thek ergibt sich historisch Grundlegendes für die ganze alte Geschichte Amerikas:
die Vertreibung der (toltekisierten) Olmeken aus Cholula erfolgte mit Hilfe kriegs-
tüchtiger Nahuatlaken im Jahre 1168 n. Chr. Da man im Torquemada liest, daß
*) Das Manuskript hat auf der ersten Seite eine Bilingue in aztekischer und Chocho-Sprache,
wie mir nachzuweisen gelungen ist. Auch dieser Umstand kann als Beweis mehr dafür gelten,
daß die «Sprache der Olmeca-Uixtotin ein Chochodialekt gewesen ist.