H. Kley / Im Modesalon.
mir einen Kuß. Ja, wahrhaftig, es war Kar-
neval!
„Wer seid Ihr?“
„Errat es!“
Ein großer Saal nahm uns auf. Der Raum
war ganz in Weiß und Gold gehalten, Spiegel
über Spiegel schimmerten an seinen Wänden,
und unzählige Masken wogten tanzend und
spielend durch den Regen von Konfettis. Wir
tanzten. Es war ein sonderbarer leichter und
himmlischer Tanz, wie ich ihn noch nie zuvor
getanzt hatte, dieser Tanz eines Mannes mit
vier entzückenden Frauen. ^Vir sprachen, aber
es war mehr ein Stammeln meinerseits und
ein helles, etwas unwirkliches Lachen der vier
Frauen. Wie schön waren sie, wie unvergeß-
lich, wie doppelt unvergeßlich, da jede sich
sehr wesentlich von den anderen unterschied.
„Noch einmal, wer seid Ihr?“
„Du hast uns geliebt.“
„Ich liebe euch!“
„Komm!“
Die eine rief es mir zu, sie war brünett und
hatte grüne Augen, sie war mittelgroß und gut
gerundet, ihre Lippen schmachteten und ich
hatte plötzlich die Empfindung, sie müsse Re-
nate heißen. Sie zog mich aus der Menge und
mit einem Male standen wir auf einem Balkon,
unter uns lag die Stadt und wunderbar ruhig
und silbern glänzte der Mond.
„Ist das nicht schön“, seufzte sie.
Ich legte meinen Arm um ihre Hüfte, sie
lehnte sich an meine Schulter und schaute
schwärmerisch in den Mond. Sie flüsterte:
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“, aber
ich schloß ihre Lippen mit einem Kuß. Sie dul-
dete es und schloß die Augen. Ich preßte sie
an mich, willig ließ sie es geschehen. Immer
dringender wurden meine Küsse, denn wahr-
haftig, sie war sehr hübsch; immer sehnsüch-
tiger wurde meine Umarmung. Da schlug sie
die Augen auf, und genau wie vorher blickte
sie auch jetzt wieder in den Mond und flüsterte,
genau wie vorher flüsterte sie: „Ich weiß nicht,
was soll es bedeuten . . .“
Poesie ist gut und Verliebtheit ist gut, aber
man soll die beiden nie im Unrechten Moment
miteinander verquicken, und wozu vor allem
in diesem Augenblick der Mond? So hol' doch
dieser und jener den Mann im Mond! Ich
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