gut“, antwortete er; „eine Nacht wäre herum,
die zwei anderen werden auch herum gehen.“
Als er zum Wirt kam da machte der groI?e
Augen. „Ich dachte nicht,“ sprach er, „dal? ich
dich wieder lebendig sehen würde; hast du
nun gelernt, was Gruseln ist?“ — „Nein,“
sagte er, „es ist alles vergeblich; wenn mir’s
nur einer sagen könnte!“
Die zweite Nacht ging er abermals hinauf
ins alte Schlol?, setzte sich zum Feuer und fing
sein altes Lied wieder an: „Wenn mir nur
gruselte!“ Wrie Mitternacht herankam, fiel?
sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte,
dann immer stärker, dann war’s ein bil?chen
still, endlich kam mit lautem Geschrei ein
halber Mensch den Schornstein herab und
fiel vor ihm hin. „Heda!“ rief er, „noch ein
halber gehört dazu, das ist zu wenig.“ Da ging
der Lärm von frischem an, es tobte und heulte
und die andere Hälfte fiel auch herab. „Wart,“
sprach er, „ich will dir erst das Feuer ein
wenig anblasen.“ Wie er das getan hatte und
sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke
zusammengefahren und sal? da ein greulicher
Mann auf seinem Platz. „So haben wir nicht
gewettet,“ sprach der Junge, „die Bank ist
mein.“ Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber
der Junge fiel? sich's nicht gefallen, schob ihn
mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf
seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer
herab, einer nach dem andern, die holten neun
Totenbeine und zwei Totenköpfe, setzten auf
und spielten Kegel. Der Junge bekam auch
Lust und fragte: „Hört ihr, kann ich auch mit-
spielen?“ — „Ja, wenn du Geld hast.“ — „Geld
genug“, antwortete er; „aber eure Kugeln sind
nicht recht rund.“ Da nahm er die Totenköpfe,
setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund.
„So, jetzt werden sie besser schüppeln“, sprach
er. „Heida! Nun geht's lustig!“ Er spielte mit
und verlor etwas von seinem Geld, als es aber
zwölf schlug, war alles vor seinen Augen
verschwunden. Er legte sich nieder und schlief
ruhig ein. Am andern Morgen kam der König
und wollte sich erkundigen. „V/ie ist dir's
diesmal gegangen?“ fragte er. „Ich habe ge-
kegelt,“ antwortete er, „und ein paar Heller
verloren.“ — „Hat dir denn nicht gegruselt?“
- „Ei, was,“ sprach er, „lustig hab’ ich mich
gemacht. Wenn ich nur wül?te, was Gruseln
wäre!“
In der dritten Nacht setzte er sich wieder
auf seine Bank und sprach ganz verdriel?lich:
„Wenn es mir nur gruselte!“ Als es spät ward,
kamen sechs grol?e Männer und brachten eine
Totenlade hereingetragen. Da sprach er: „Ha,
ha! Das ist gewil? mein Vetterchen, das erst
vor ein paar Tagen gestorben ist“, winkte mit
dem Finger und rief: „Komm, Vetterchen!“
Sie stellten den Sarg auf die Erde, er aber
ging hinzu und nahm den Deckel ah; da lag
ein toter Mann darin. Er fühlte ihn ans Ge-
sicht, aber es war kalt wie Eis. „Wart,“ sprach
er, „ich will dich ein bil?chen wärmen“, ging
ans Feuer, wärmte seine Hand und legte sie
ihm aufs Gesicht, aber der Tote blieb kalt.
Nun nahm er ihn heraus, setzte sich ans Feuer
und legte ihn auf seinen Schol? und rieh ihm
die Arme, damit das Blut wieder in Bewe-
gung kommen sollte. Als auch das nichts hel-
fen wollte, fiel ihm ein: V/enn zwei zusam-
men im Bett liegen, so wärmen sie sich, brachte
ihn ins Bett, deckte ihn zu und legte sich neben
ihn. Uber ein W^eilchen ward auch der Tote
warm und fing an, sich zu regen. Da sprach
der Junge: „Siehst du, Vetterchen, hätt’ ich
dich nicht gewärmt!“ — Der Tote aber hub
an und rief: „Jetzt will ich dich erwürgen!“ —
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