Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Orchideengarten : phantastische Blätter — 3.1921

DOI issue:
Siebentes Heft (Märchen)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29028#0163
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
zu lassen, zu welcher sich natürlich viele
Schaulustige herzudrängten. Das Wunder von
einem Ochsen hatte sich indessen hinter seinem
Vorhänge wieder menschliche Gestalt gegeben
und sich schleunigst davon gemacht. Als da-
her der Vorhang aufgezogen ward, entstand
eine große Bestürzung und Verwirrung. Alles
schrie: „Betrug! Betrug!“ Alle wollten ihr Geld
wieder haben, Zuschauer und Schauspieler. Und
in dieses mischte sich der Spott der Menge,
so dal? die Behörde sich ins Mittel legen und
Ordnung schaffen mußte.
Vater und Sohn lebten indessen sehr ge-
mächlich von den zwei Metzen Dukaten und
dachten auch nicht eher an ein weiteres Ein-
kommen, als bis der ganze Schatz zu Ende
war. Da sprach der Sohn wieder zu seinem
Vater: „Lieber Vater, ich werde mich nun in
ein Pferd verwandeln, so schön, dal? im ganzen
Lande keines ihm ähnlich sein soll. Unter an-
dern Käufern wird auch der Teufel kommen,
aber gebt mich ja nicht
unter dem Preise von
sechs Metzen Dukaten
weg, auch vergebt ja
nicht, mir den Zaum
abzunehmen, wenn ihr
mich verkauft, denn
sonst kann ich nicht
mehr wiederkehren!“
Nachdem er so gespro-
chen hatte, stund in der
Tat ein aul?erordentlich
schönes Pferd vor dem
alten Bauern, der es
auch gleich am andern
Tag auf einen Jahr-
marktinderbenachbar-
ten Stadt führte. Viele
Kauflustige zeigten sich
da, aber wenige, die den
ungeheuren Preis zu
zahlen imstande gewe-
sen wären. Endlich er-
schien auch der Teufel,
wie der Sohn vorher-
gesagt hatte. Er kaufte
das Pferd, bezahlte die
sechs Metzen Dukaten,
wollte aber auch durch-
aus den Zaum haben

und eher vom Kauf abstehen als diesen lassen.
Der Bauer, welcher das viele Gold bereits
lieb gewonnen hatte, hörte auf das Zureden
der Umstehenden, welche meinten, dal? bei
einem so großen Gelde der Zaum ja nichts zu
bedeuten habe, und gab daher dem Teufel end-
lich nach. Dieser ritt höchst erfreut nach
Hause, wo er das Tier mit Stößen und Schlä-
gen mißhandelte, statt es ordentlich zu füttern
und zu warten. Bald nachher begab sich’s,
daß eine Teufelshochzeit war, und der Teufel,
der Eigentümer des Pferdes, schickte mit die-
sem auch seinen Sohn dazu, gab ihm aber die
Weisung, das Tier weder zu füttern noch zu
tränken. Die jungen Teufel alle, welche zur
Hochzeit ritten, taten, wie gewöhnlich junge
Leute und besonders bei solchen Gelegen-
heiten, nicht langsam, sondern ritten ihre Pferde
in die Hitze, weshalb sie dieselben, als sie
durch einen Bach ritten, auch saufen ließen,
bis auf den einen, dem sein Vater es untersagt
hatte. Da redeten ihm
aber seine Kameraden
zu, es zu tun. „Denn,“
sagten sie, „du wirst uns
sonst mit deinem dur-
stigen, abgejagten Klep-
per nicht mehr nach-
kommen und legtest so
bei der Hochzeit
schlechte Ehre ein.“
Dies bestimmte den
Teufelsjüngling, auch
sein Pferd saufen zu
lassen. Kaum hatte die-
ses aber einen Schluck
zwischen dem Gebisse,
so verwandelte es sich
in einen Grünling, und
der junge T eufel s aßzu m
großen Erstaunen seiner
Genossen im Wasser
anstatt auf dem Sattel,
während der Grünling
davonschwamm.
Der alte Teufel, wel-
cher mittels seiner gro-
ßen teuflischen Künste
dies augenblicklich sah,
kam schleunigst herbei
und schwamm dem


*3
 
Annotationen