STERNDEUTUNG
(In dieser Abteilung, die abwechselnd mit dem Treibhaus erscheinen wird, werden wir über astrologische Fragen berichten.)
Diesen Teil leitet Karl zu Eulenburg.
FRÜHJAHRSHOROSKOP FÜR DEUTSCHLAND1
Von Otto Pöllner.
Seit vielen Jahrtausenden, so weit die Ge-
schichte der Astrologie zurückgeht, wurden
schon Beobachtungen angestellt darüber, wie
die Konjunktionen (Zusammenkünfte) der gro-
ßen Planeten Saturn und Jupiter, Saturn und
Mars, und in den letzten Jahrhunderten Saturn
mit Uranus und Neptun auf die Natur, die
Witterung, Vegetation und überhaupt auf die
Geschicke der Menschheit einwirkten. Auch
wurden besonders die Finsternisse der Sonne
und des Mondes beachtet, in welches Zeichen
des Tierkreises sie fielen, weil man durch Be-
obachtung festgestellt hatte, daß die Wirkung
der Eklipsen (Finsternisse) in jedem Zeichen
eine andere war, weil jedes Land und jede
Stadt unter einem anderen Tierkreiszeichen
stand, wie dies schon seit Ptolomäus’ Zeiten
durch Erfahrung festgestellt wurde, und dieser
Zweig der Astrologie (Mundan-Astrologie)
ist seit dem letzten Jahrhundert durch den
Bienenfleiß englischer Forscher noch gründ-
licher ausgebaut worden. Besondere Wichtig-
keit wurde außer den Konjunktionen der gro-
ßen Planeten und Finsternisse auch den in den
vier Kardinalzeichen der Ekliptik V $9 — Z
stattfindenden Sonnenständen am 20. und
21. März, 22. Juni, 23. September und 23. De-
zember jedes Jahr beigemessen und auf die
genaue Zeit des Eintrittes der Sonne in das
Zeichen Widder, Krebs, Wage, Steinbock in
0 Grad eine Himmelsfigur aufgestellt, je nach
den Positionen der Gestirne in den 12 Häusern
des Himmels an der Hand zahlreicher, durch
die Jahrtausende erprobter Regeln ein Gesamt-
urteil über die kommenden Ereignisse im näch-
sten Jahr oder Vierteljahr gefällt. Dieser Zweig
der Astrologie ist in einem eigenen Werk
(Astrologische Bibliothek, Vollrath, Leipzig,
Band VII) ausführlich von mir behandelt und
auch die Astrometeorologie (Wetterkunde) aus
den Gestirneinflüssen darin berücksichtigt.
Schon Shakespeare war darüber unterrichtet,
wie in folgenden Worten sich kundgibt: „Wenn
die Planeten in schlimmer Vermischung sind,
welche Verwirrung, Unordnung, welcher Auf-
ruhr! Welches Rasen auf der See! W/elche
Erschütterungen der Erde! W/elches Spiel der
Winde!“ Aber nicht bloß die Planeten, son-
dern auch die größeren Fixsterne üben er-
fahrungsgemäß, wenn sie mit Planeten ver-
bunden sind oder an wichtigen Punkten der
Himmelsfigur stehen, einen starken Einfluß auf
die Witterung, Temperatur, Vegetation und
die Geschicke der Völker aus: Hierbei wurde
auch noch beachtet, welche Art von Zeichen
des Tierkreises in einer solchen Himmelsfigur
aufsteigend waren, ob festes Zeichen (& £2 TTL
ssj oder gemeinschaftliche Zeichen (II Tip
X) im Osten der Himmelsfigur aufstiegen, und
galt das Horoskop auf gestellt auf den Eintritt
der Sonne in 0° W/idder, wenn ein festes Zei-
chen aufstieg, für das ganze kommende Jahr
als Haupteinfluß, wobei die späteren Sommer-,
Herbst- und Winterquartalhoroskope in zwei-
1 Das Manuskript lag der Scbriftleitung bereits im März d. J. vor.
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