leuchtenden Ausblicken, in denen er mit Grauen
sich bewußt ward, daß seine Hände nicht mehr
aus eigenem Willen handelten, daß seine Füße
und Knie magnetisch zu anderen zarterenFüßen
und Knien gezogen wurden. Und in diesem
momentweisen Aufleuchten erkannte er mit
volleingestandenem Entsetzen, daß alles hoff-
nungslos, daß alles Lebende erbarmungslos den
gierigen Schicksalsgottheiten verfallen ist.
Und er überließ sich willenlos den Gesetzen.
Mit einem Gefühl totaler Zerschlagenheit in
allen Gliedern erwachte er lange, lange Zeit
danach zu einem grauen späten Morgen. Mit
Anstrengung öffnete er das verklebte linke
Augenlid und konstatierte gleichzeitig an einem
der Finger seiner rechten Hand einen "bisher
unbekannten Druck wie von einer festen harten
Klammer.
Er kam weiteren unbehaglichen Empfin-
dungen zuvor, indem er rasch das linke Auge
schloß und sich die gewohnheitsmäßigen zehn
Minuten Dusel und Vergessenheit gönnte, ehe
er sich neuerdings zu der lotrechten Stellung
erhob, die die unumgänglichen täglichen Ob-
liegenheiten nun einmal von einem Geschäfts-
mann erheischen.
Aber in dem Halbdunkel seiner Vorstel-
lungen herrschte das peinliche Bewußtsein, daß
irgend etwas schief gegangen — ganz gewaltig
schief gegangen sei, daß etwas besonders Fa-
tales sich gestern abend zugetragen habe. Und
plötzlich fuhr er mit einem Ruck empor, hell-
wach, eiskalt im Rückgrat, und betastete
schwindelnd, unter Erstickungsgefühlen, den
kleinen glatten Goldreif, der den Ringfinger
seiner rechten Hand umschloß.
J a ? Nun erinnerte er sich wie durch dunkelnde
Nebel hindurch eines Willkommlächelns
des Drucks eines weichen Knies an dem seinen
und endlich eines unvergeßlich heißen feuchten
Kusses — dies alles in einer merkwürdigen
Verdoppelung, wie wenn die Sehbilder der
beiden Augen einander nicht ganz decken —
ja eigentlich, wie wenn dies alles zweimal ge-
schehen wäre.
Er faßte sich an den schmerzenden Nacken,
versuchte, beständig nach der Wahrheit schie-
lend — wie sie [nun auch war — sich über
alles hinwegzulügen. Bäh! Er hatte offenbar
nach dem Champagner und dieser noch viel
berauschenderen Affäre mit Frau Stutzheimer
recht verwünscht geträumt!
Erst als er in der Badewanne die warme
Dusche über den Rücken hinabströmen ließ,
begann er zu ordnen, was zu ordnen so äußerst
notwendig war.
Kein freier Mann mehr? Na ja, natürlich
fühlte man nicht mehr dieselbe Freiheit wie
gestern, nachdem man einen so wichtigen Schritt
getan. Da saß ja vor allem ein kleines Hand-
eisen, dieses glatte kleine Dingsda, festgeklemmt
um seinen Ringfinger! Insoweit war eine Frei-
heit verlorengegangen — im übrigen aber ab-
gelöst worden von gewissen angenehmen Aus-
sichten — und ersetzt, ja vollauf vergütet durch
das Gefühl einer hiermitübernommenen männ-
lichen Verantwortung für ein im Grunde wohl
recht schwaches, aber dabei äußerst appetitliches
Frauchen — also geradezu eine weitere Be-
kräftigung des männlichen Willens.
Er betrachtete seine Hände, die an der Brause-
schnur gezogen hatten. Jawohl, sie hatten ge-
handelt, weil er es gewollt! Er durfte doch
wohl noch Champagner trinken, wann, wo und
mit wem er Lust hatte! Man besaß doch wohl
noch seinen freien Willen! D as fehlte auch noch!
Erst als er, ganz wohlgemut pfeifend, sich
seinem Kontor näherte, fiel ihm der bevor-
stehende Besuch dieses geistesschwachen und
aufdringlichen Menschen, des Horoskop-Film-
Erfinders wieder ein. Und eine störrische
Gereiztheit ergriff ihn, daß dieser dumme
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sich bewußt ward, daß seine Hände nicht mehr
aus eigenem Willen handelten, daß seine Füße
und Knie magnetisch zu anderen zarterenFüßen
und Knien gezogen wurden. Und in diesem
momentweisen Aufleuchten erkannte er mit
volleingestandenem Entsetzen, daß alles hoff-
nungslos, daß alles Lebende erbarmungslos den
gierigen Schicksalsgottheiten verfallen ist.
Und er überließ sich willenlos den Gesetzen.
Mit einem Gefühl totaler Zerschlagenheit in
allen Gliedern erwachte er lange, lange Zeit
danach zu einem grauen späten Morgen. Mit
Anstrengung öffnete er das verklebte linke
Augenlid und konstatierte gleichzeitig an einem
der Finger seiner rechten Hand einen "bisher
unbekannten Druck wie von einer festen harten
Klammer.
Er kam weiteren unbehaglichen Empfin-
dungen zuvor, indem er rasch das linke Auge
schloß und sich die gewohnheitsmäßigen zehn
Minuten Dusel und Vergessenheit gönnte, ehe
er sich neuerdings zu der lotrechten Stellung
erhob, die die unumgänglichen täglichen Ob-
liegenheiten nun einmal von einem Geschäfts-
mann erheischen.
Aber in dem Halbdunkel seiner Vorstel-
lungen herrschte das peinliche Bewußtsein, daß
irgend etwas schief gegangen — ganz gewaltig
schief gegangen sei, daß etwas besonders Fa-
tales sich gestern abend zugetragen habe. Und
plötzlich fuhr er mit einem Ruck empor, hell-
wach, eiskalt im Rückgrat, und betastete
schwindelnd, unter Erstickungsgefühlen, den
kleinen glatten Goldreif, der den Ringfinger
seiner rechten Hand umschloß.
J a ? Nun erinnerte er sich wie durch dunkelnde
Nebel hindurch eines Willkommlächelns
des Drucks eines weichen Knies an dem seinen
und endlich eines unvergeßlich heißen feuchten
Kusses — dies alles in einer merkwürdigen
Verdoppelung, wie wenn die Sehbilder der
beiden Augen einander nicht ganz decken —
ja eigentlich, wie wenn dies alles zweimal ge-
schehen wäre.
Er faßte sich an den schmerzenden Nacken,
versuchte, beständig nach der Wahrheit schie-
lend — wie sie [nun auch war — sich über
alles hinwegzulügen. Bäh! Er hatte offenbar
nach dem Champagner und dieser noch viel
berauschenderen Affäre mit Frau Stutzheimer
recht verwünscht geträumt!
Erst als er in der Badewanne die warme
Dusche über den Rücken hinabströmen ließ,
begann er zu ordnen, was zu ordnen so äußerst
notwendig war.
Kein freier Mann mehr? Na ja, natürlich
fühlte man nicht mehr dieselbe Freiheit wie
gestern, nachdem man einen so wichtigen Schritt
getan. Da saß ja vor allem ein kleines Hand-
eisen, dieses glatte kleine Dingsda, festgeklemmt
um seinen Ringfinger! Insoweit war eine Frei-
heit verlorengegangen — im übrigen aber ab-
gelöst worden von gewissen angenehmen Aus-
sichten — und ersetzt, ja vollauf vergütet durch
das Gefühl einer hiermitübernommenen männ-
lichen Verantwortung für ein im Grunde wohl
recht schwaches, aber dabei äußerst appetitliches
Frauchen — also geradezu eine weitere Be-
kräftigung des männlichen Willens.
Er betrachtete seine Hände, die an der Brause-
schnur gezogen hatten. Jawohl, sie hatten ge-
handelt, weil er es gewollt! Er durfte doch
wohl noch Champagner trinken, wann, wo und
mit wem er Lust hatte! Man besaß doch wohl
noch seinen freien Willen! D as fehlte auch noch!
Erst als er, ganz wohlgemut pfeifend, sich
seinem Kontor näherte, fiel ihm der bevor-
stehende Besuch dieses geistesschwachen und
aufdringlichen Menschen, des Horoskop-Film-
Erfinders wieder ein. Und eine störrische
Gereiztheit ergriff ihn, daß dieser dumme
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