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EiAstütt.' DocLPtar iin Dom
1749 abgebrochen und durch ein Barockretabel ersetzt, doch blieben die spät-
gotischen Skulpturen erhalten; 1881 wurde das Barockretabel ebenfalls abgebrochen
und durch das noch erhaltene neugotische Retabel ersetzt; in diesem wurden die
spätgotischen Skulpturen wiederverwendet. Die Disposition des neugotischen
Retabels wurde durch den alten Bestand an Rundfiguren und Reliefs bestimmt.
In ihr spiegelt sich also die ursprüngliche, spätgotische Disposition. — Großes
Triptychon mit geschnitzter Feiertagsseite; in der Predella Halbfiguren von Heili-
gen; im Corpus stehen auf Sockeln, die nach der Mitte zu auf gestaffelt sind, fünf
überlebensgroße Standfiguren (die apokalyptische Mondsichelmuttergottes zwischen
den hll. Dompatronen König Richard, Bischof Willibald, Abtissin Walburg und
Abt Wunibald), im Gewände und in den Baldachinen zwölf Figürchen (Apostel?);
an den Innenseiten des Flügelpaars acht Passionsreliefs (in zwei Reihen überein-
ander); im Gesprenge eine Kreuzigungsgruppe (Kruzifix zwischen Maria und
Johannes). — Diese Disposition variiert m. E. schwäbische Schemata: dem Ulmer
Schema des Hans Multscher (Sterzing/1456—59) entsprechen die fünf vollrunden
monumentalen Standfiguren im Corpus, entspricht auch deren Aufstaffelung nach
der Mitte zup^s dem Ulmer Schema des Michel Erhärt (erhalten ein etwas jüngeres
Beispiel: Thalkirchen/um 1482—85) entspricht die Relieffolge an den Innenseiten
des Flügelpaars; daß in Eichstätt anstelle von vier Relief Szenen deren acht er-
scheinen, könnte (so meine ich) durch die acht gemalten Szenen der Innenseiten des
inneren Flügelpaars am Retabel von dem Nördlinger Schwaben Hans Herlin zu
Rothenburg/St. Jacob (1466) angeregt worden sein. Die schwäbische Schule hat
wohl nicht nur die Disposition des F.ichstätter Retabels bestimmt, sondern auch den
Stil von dessen Hauptfiguren. Die vollrunden Standfiguren in Herlins Rothen-
burger Corpus scheinen mir die Vorbilder für die entsprechenden Figuren in Eich-
stätt gewesen zu sein: der Eichstätter Abt Wunibald variiert den Rothenburger hl.
Bischof (spiegelverkehrt!), die Eichstätter hl. Walburg variiert die Rothenburger
Frauentypen;^ doch sind die sehr schönen Eichstätter Figuren ihren Rothenburger
Vorbildern überlegen, sie haben eine überraschende Monumentalität, Lebensnähe
und Anmut. Die Eichstätter Mondsichelmuttergottes dreht sich in der Spirale;
ihre komplizierte dynamische Bewegung und ihre raumhaltigen Falten wurden
offenbar von Nicolaus Gerhaerts angeregt, also vom Oberrhein her, wenngleich
nur mittelbar.^? Die Flügelreliefs variieren m. E. die Kompositionen, die Martin
Schongauer um 1475—80 für die Flügelgemälde seines Retabels am Hochaltar der
Dominikanerkirche zu Colmar geschaffen hat (jetzt im Museum Unterlinden eben-
da); sie bestätigen also einen vom Oberrhein herkommenden Einschlag in dem
Eichstätter Werk; in der Ausführung ließen sie laut E. Herzog Einwirkungen von
iss go schon M. HASSE a. a. 0./1941.
is" E. HERZOG a. a. 0-/1947 leitet die EiAstätter Standfiguren dagegen von Nürnberger
Skulpturen aus dem zweiten Jahrhundertdrittel ab; außerdem meint er, in diesen
Figuren Reflexe von den berühmten Bauskulpturen des 13. Jahrhunderts am Dom zu
Bamberg (Adamspforte usw.) erkennen zu können. M. E. zu Unrecht.
197 YgP dazu C. Th. MÜLLER, Mittelalterliche Plastik Tirols, 1935, 153/Anm. 8; C. Th.
MÜLLER/Münchener Jb. d. b. K., N. F. XIII, 1938/39, S. 56 Anm. 6; E. HERZOG
a. a. 0./1947, S. 12.
EiAstütt.' DocLPtar iin Dom
1749 abgebrochen und durch ein Barockretabel ersetzt, doch blieben die spät-
gotischen Skulpturen erhalten; 1881 wurde das Barockretabel ebenfalls abgebrochen
und durch das noch erhaltene neugotische Retabel ersetzt; in diesem wurden die
spätgotischen Skulpturen wiederverwendet. Die Disposition des neugotischen
Retabels wurde durch den alten Bestand an Rundfiguren und Reliefs bestimmt.
In ihr spiegelt sich also die ursprüngliche, spätgotische Disposition. — Großes
Triptychon mit geschnitzter Feiertagsseite; in der Predella Halbfiguren von Heili-
gen; im Corpus stehen auf Sockeln, die nach der Mitte zu auf gestaffelt sind, fünf
überlebensgroße Standfiguren (die apokalyptische Mondsichelmuttergottes zwischen
den hll. Dompatronen König Richard, Bischof Willibald, Abtissin Walburg und
Abt Wunibald), im Gewände und in den Baldachinen zwölf Figürchen (Apostel?);
an den Innenseiten des Flügelpaars acht Passionsreliefs (in zwei Reihen überein-
ander); im Gesprenge eine Kreuzigungsgruppe (Kruzifix zwischen Maria und
Johannes). — Diese Disposition variiert m. E. schwäbische Schemata: dem Ulmer
Schema des Hans Multscher (Sterzing/1456—59) entsprechen die fünf vollrunden
monumentalen Standfiguren im Corpus, entspricht auch deren Aufstaffelung nach
der Mitte zup^s dem Ulmer Schema des Michel Erhärt (erhalten ein etwas jüngeres
Beispiel: Thalkirchen/um 1482—85) entspricht die Relieffolge an den Innenseiten
des Flügelpaars; daß in Eichstätt anstelle von vier Relief Szenen deren acht er-
scheinen, könnte (so meine ich) durch die acht gemalten Szenen der Innenseiten des
inneren Flügelpaars am Retabel von dem Nördlinger Schwaben Hans Herlin zu
Rothenburg/St. Jacob (1466) angeregt worden sein. Die schwäbische Schule hat
wohl nicht nur die Disposition des F.ichstätter Retabels bestimmt, sondern auch den
Stil von dessen Hauptfiguren. Die vollrunden Standfiguren in Herlins Rothen-
burger Corpus scheinen mir die Vorbilder für die entsprechenden Figuren in Eich-
stätt gewesen zu sein: der Eichstätter Abt Wunibald variiert den Rothenburger hl.
Bischof (spiegelverkehrt!), die Eichstätter hl. Walburg variiert die Rothenburger
Frauentypen;^ doch sind die sehr schönen Eichstätter Figuren ihren Rothenburger
Vorbildern überlegen, sie haben eine überraschende Monumentalität, Lebensnähe
und Anmut. Die Eichstätter Mondsichelmuttergottes dreht sich in der Spirale;
ihre komplizierte dynamische Bewegung und ihre raumhaltigen Falten wurden
offenbar von Nicolaus Gerhaerts angeregt, also vom Oberrhein her, wenngleich
nur mittelbar.^? Die Flügelreliefs variieren m. E. die Kompositionen, die Martin
Schongauer um 1475—80 für die Flügelgemälde seines Retabels am Hochaltar der
Dominikanerkirche zu Colmar geschaffen hat (jetzt im Museum Unterlinden eben-
da); sie bestätigen also einen vom Oberrhein herkommenden Einschlag in dem
Eichstätter Werk; in der Ausführung ließen sie laut E. Herzog Einwirkungen von
iss go schon M. HASSE a. a. 0./1941.
is" E. HERZOG a. a. 0-/1947 leitet die EiAstätter Standfiguren dagegen von Nürnberger
Skulpturen aus dem zweiten Jahrhundertdrittel ab; außerdem meint er, in diesen
Figuren Reflexe von den berühmten Bauskulpturen des 13. Jahrhunderts am Dom zu
Bamberg (Adamspforte usw.) erkennen zu können. M. E. zu Unrecht.
197 YgP dazu C. Th. MÜLLER, Mittelalterliche Plastik Tirols, 1935, 153/Anm. 8; C. Th.
MÜLLER/Münchener Jb. d. b. K., N. F. XIII, 1938/39, S. 56 Anm. 6; E. HERZOG
a. a. 0./1947, S. 12.