dualität von gleich selbständiger Prägung kennt die moderne
Kunstgeschichte: Arnold Bücklin.
Beide sind durch ein langes Leben hin geblieben, was sie
waren. An dem Idealisten Bücklin hat der Strom des
Naturalismus vorübergetobt, ohne ihn zu erschüttern; der
Realist Menzel blieb unberührt von der Romantik seiner
Jugendzeit wie von dem Neuidealismus seines Alters. Nur
in den schwächeren Naturen zittern alle Wandlungen der
Kunstgeschichte nach.
Liegt die Aehnlichkeit der beiden Meister auf der Ober-
fläche der persönlichen Stellung, so greift das, worin sie sich
unterscheiden, in die geheimnisvolle Tiefe der schöpferischen
Thätigkeit. In Menzel wirkt das Verstandesmässige des Nord-
deutschen, der Basler Meister besitzt im vollen Maasse die
poetische Gestaltungskraft der süddeutschen Natur. Wenn
Menzel von Bücklin ein Gelehrter genannt wird, so mag
dieser dem andern wohl als ein Dichter erscheinen, er ist der
verwöhnte Liebling jener Unsterblichen, der Goethe den
höchsten Preis giebt. Durch Brillengläser fixiert der Eine jedes
Detail seiner Umgebung, die Hand ist allzeit bereit, mit
wunderbarer Treue das Gesehene zu Papier zu bringen.
Scheinbar müssig schlendert der andere durch die italienische
Landschaft, aber sein Künstlerauge erfasst das Organische der
Erscheinung, das Gesetzmässige in den Linien des Bodens, die
Stimmungswerte von Farbe und Beleuchtung; was er geschaut,
ist nur die feste Grundlage für das freie Spiel seiner Phantasie.
Das Interessanteste an Menzel's Bildern sind die Studien;
die Wahrheit des Einzelnen ist grösser, als die des Ganzen.
Von Bücklin kennt man kaum Vorarbeiten, die Landschaften,
die er aufbaut, wird man in der Wirklichkeit vergeblich
suchen, die Fabelwesen, mit denen er sie bevölkert, hat Nie-
mand gesehen, an den Verzeichnungen seiner Figuren liebt die
Dilettantenkritik ihr Müthchen zu kühlen, aber -was er malt,
steht so fraglos und nothwendig da, wie die Natur selbst.
Seine Bilder sind nie witzig, weder nach dem Inhalt noch in
der Mache, aber jene göttliche Heiterkeit liegt über ihnen,
die das Höchste ist, 'was uns die Kunst zu bringen vermag.
H. von Tschudi
C 44 3
Kunstgeschichte: Arnold Bücklin.
Beide sind durch ein langes Leben hin geblieben, was sie
waren. An dem Idealisten Bücklin hat der Strom des
Naturalismus vorübergetobt, ohne ihn zu erschüttern; der
Realist Menzel blieb unberührt von der Romantik seiner
Jugendzeit wie von dem Neuidealismus seines Alters. Nur
in den schwächeren Naturen zittern alle Wandlungen der
Kunstgeschichte nach.
Liegt die Aehnlichkeit der beiden Meister auf der Ober-
fläche der persönlichen Stellung, so greift das, worin sie sich
unterscheiden, in die geheimnisvolle Tiefe der schöpferischen
Thätigkeit. In Menzel wirkt das Verstandesmässige des Nord-
deutschen, der Basler Meister besitzt im vollen Maasse die
poetische Gestaltungskraft der süddeutschen Natur. Wenn
Menzel von Bücklin ein Gelehrter genannt wird, so mag
dieser dem andern wohl als ein Dichter erscheinen, er ist der
verwöhnte Liebling jener Unsterblichen, der Goethe den
höchsten Preis giebt. Durch Brillengläser fixiert der Eine jedes
Detail seiner Umgebung, die Hand ist allzeit bereit, mit
wunderbarer Treue das Gesehene zu Papier zu bringen.
Scheinbar müssig schlendert der andere durch die italienische
Landschaft, aber sein Künstlerauge erfasst das Organische der
Erscheinung, das Gesetzmässige in den Linien des Bodens, die
Stimmungswerte von Farbe und Beleuchtung; was er geschaut,
ist nur die feste Grundlage für das freie Spiel seiner Phantasie.
Das Interessanteste an Menzel's Bildern sind die Studien;
die Wahrheit des Einzelnen ist grösser, als die des Ganzen.
Von Bücklin kennt man kaum Vorarbeiten, die Landschaften,
die er aufbaut, wird man in der Wirklichkeit vergeblich
suchen, die Fabelwesen, mit denen er sie bevölkert, hat Nie-
mand gesehen, an den Verzeichnungen seiner Figuren liebt die
Dilettantenkritik ihr Müthchen zu kühlen, aber -was er malt,
steht so fraglos und nothwendig da, wie die Natur selbst.
Seine Bilder sind nie witzig, weder nach dem Inhalt noch in
der Mache, aber jene göttliche Heiterkeit liegt über ihnen,
die das Höchste ist, 'was uns die Kunst zu bringen vermag.
H. von Tschudi
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