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Seither haben die Sonderausstellungen der Arnoldschen Kunst-
handlung über Dresden hinaus Aufsehen gemacht und in der
Dresdner Gesellschaft ein Entgegenkommen gefunden, das
ähnliche Veranstaltungen in Berlin, wie es scheint, nicht
erringen konnten. Bei Arnold lernten die Dresdner an um-
fassendem Material die modernen englischen Radierer kennen,
Whistler, Legros und die Schule, die sie und Herkomer
gebildet haben, die englische Buchausstattung, den japanischen
Holzschnitt und andere aktuell interessante Erscheinungen.
Auch hier mufs betont werden, dafs die Dresdner Presse mit
hervorragendem Verständnis und ernsthaftem Studium der
neuen Erscheinung gegeniibertrat.

So hat der Kunsthandel in Dresden jetzt einen Teil der
Funktionen übernommen, die vor einem Jahrhundert die
Agenten des Hofes in Paris ausübten.

Nicht so freundliches Entgegenkommen scheint Morave
gefunden zu haben, der mit grofsen Opfern den „Salon
Lichtenberg" in modernem Sinne zu entwickeln versuchte.
Ihm dankt Dresden die erste Bekanntschaft mit Klinger als
Maler und Bildhauer, mit L. v. Hofmann und den Skandi-
naven; er wagte es, die Dresdner Sezession vorzuführen.
Aber es scheint, als ob für ein solches Unternehmen in
Dresden die Zeit noch nicht gekommen.

Als Ganzes bietet das Dresdner Kunstleben heute das
Schauspiel seltener Einmütigkeit der wirkenden Kräfte, und
der Erfolg ist nicht ausgeblieben, trotzdem erst eine kurze
Spanne Zeit nach neuen Zielen gestrebt wird. Und Alles,
was geschehen ist, geht von Vertretern oder Anhängern der
jungen Kunst aus. Die eigensinnigen Verneiner und — soweit
sie können — Vernichter des neuen Lebens haben dagegen
keinerlei positive Leistung in die Wage zu •werfen.

Diese Neubelebung der heimischen Produktion ist gerade
jetzt von höchster ökonomischer Bedeutung für Dresden. In
der vergangenen Epoche war es eine relativ wenig bemittelte
Residenzstadt. Seit einigen Jahrzehnten haben sich die wirt-
schaftlichen Verhältnisse von Grund aus umgestaltet. Dresden
ist heute eine reiche Stadt mit aufstrebender Tendenz. Wenn
die Gesellschaft die günstigen Bedingungen, eine tiefe künst-
lerische Bildung zu erwerben, ausnutzt, so ist der Boden für
eine sehr lebensfähige Lokalkunst vorhanden, die von Dresden
allein getragen werden kann und den Export nicht braucht.
Was bisher geschehen, bleibt als Ganzes für viele andere
deutsche Städte ganz einfach vorbildlich.

Alfred Lichtwark.

C 137 D

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