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Blitze zucken, Regen stürzt herab, dumpf kracht der Donner und Wildwasser
tosen durch den dröhnenden Forst.

Komm, o komm und flieh das Drohen des Waldes........

O Gott! Das bist du? So traurig und verlassen?

Ich nehme dein Haupt in meinen Schofs und lege meine Hand auf dein
Herz. Sei still. Ich halte dich. Ich will dir alles geben, damit du wieder
lachen lernst. Fröhlich will ich dich machen und stolz. Hohe Berge will ich
dir zeigen, schroff und titanisch und brausende Ströme. Schlafende Paläste sollst
du sehen in lichten Nächten und heitere Schlösser im Festglanz. Schlanke,
tanzende Mädchen sollen dir zulächeln und ernste Frauen sich dir neigen.

Willst du noch mehr?

Aber ich höre Schwerter klingen und Trompetengetön. Ich höre wilde
Rosse stampfen und dumpfes Getöse und Rufen und Beten und Stammeln
und Fluchen und Jagen und Gedröhn und irre Schreie.

Und du läfst mich einsam stehn im grauen Regen!? Mein Schluchzen
tönt von den Felsen wieder. Am schwarzen Himmel flammt ein schwefelgelbes
Licht auf und zeigt mir einen endlosen Pfad. Stumme, dunkle Wasser branden
zur Seite und hohe wirre Bäume tauchen aus der Nacht. Weinen und Wimmern
tönt neben mir.

Kehr zurück!

Wie Lachen klingt es! Du lachst? Was willst du? — Ich kann dir
nichts mehr schenken! Alles, alles gab ich dir; meine schönen Kleider, meine
zierlichen Schuhe, meine Geschmeide und meine blitzenden Ringe!

Ich will dir mein Haar geben, mein langes, schwarzes Haar, und meine
Jugend will ich dir geben, all meine Liebe, mein Leben . . .

Nur komm zurück, nur komm zurück! —

Du kennst mich nicht. Ich bin alt geworden, alt und grau. Meine
Hände zittern, meine Augen sind müde und mein Mund kann nicht die Worte
sagen, die sonst kein Mund für dich gewufst; ich kann dir keine Jugend mehr
schenken, keine Liebe! Nur mein Leben, nur mein Leben!

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