zu ihm würde sie schon nicht. Er würde sie auch
mit Hunden vom Hofe hetzen. Was die sich
einbilde, seinen Sohn, den einzigen Erben des
Hofbauern, zu freien! So 'ne Betteldirne! — —
Des Hofbauern Sohn aber wäre gestern Abend
noch fortgebracht worden, setzte das Mädchen
hinzu; — er solle, — weit von hier, — ein paar
Jahre die Wirtschaft lernen ....
Wir suchten nach ihr. —------------
Und um Mittag fanden wir sie dann im Haide-
bache. Der stark angeschwollene Bach hatte sie mit
fortgeschwemmt. Im bleichen Gesicht waren viele
Schrammen und Wunden. Die mufsten die Baum-
wurzeln der unterspülten Ufer ihr beigebracht haben.
Auf dem Krähenberg haben wir sie begraben lassen.
Er gehörte vorher dem Hofbauern. Doch als
die Tote in unser Haus getragen wurde, liefs er
ihn uns anbieten, obwohl er einen Verkauf sonst
immer streng abgelehnt hatte ....
Aber auf dem Krähenberge waren Anna und
Hof bauers Fritz immer zusammen gekommen. . ..
Nun liegt sie dort draufsen auf der luftigen
Höhe, ganz allein und frei, von keinem Zwange
und keinem Vorurteil mehr gehetzt.
Es hatte niemand etwas dagegen, sie dort zu
beerdigen. Eltern und Verwandte hatte sie nicht.
Auch die Kirche machte keine Einwendungen. An
einer „Selbstmörderin" war ihr nichts gelegen.-------
Wir haben ihr eine junge, schlanke Birke auf
das Grab gepflanzt. . . . Auch Blumen, und die
blühen dort nun, rot und gelb und weifs ....
Vor zwei Jahren war ich zuletzt dort.
Da sang der Sommerwind in den Kronen der
Föhren und es war ein Wispern und Raunen, als
wollten Wind und Bäume der einsamen Schläferin
Schlummerlieder singen!
Und das Blättergeriesel der jungen Birke klang
wie leises, feines Engelsingen ....
FRITZ MACKENSEN, STUDIE
C 289 3
3?
mit Hunden vom Hofe hetzen. Was die sich
einbilde, seinen Sohn, den einzigen Erben des
Hofbauern, zu freien! So 'ne Betteldirne! — —
Des Hofbauern Sohn aber wäre gestern Abend
noch fortgebracht worden, setzte das Mädchen
hinzu; — er solle, — weit von hier, — ein paar
Jahre die Wirtschaft lernen ....
Wir suchten nach ihr. —------------
Und um Mittag fanden wir sie dann im Haide-
bache. Der stark angeschwollene Bach hatte sie mit
fortgeschwemmt. Im bleichen Gesicht waren viele
Schrammen und Wunden. Die mufsten die Baum-
wurzeln der unterspülten Ufer ihr beigebracht haben.
Auf dem Krähenberg haben wir sie begraben lassen.
Er gehörte vorher dem Hofbauern. Doch als
die Tote in unser Haus getragen wurde, liefs er
ihn uns anbieten, obwohl er einen Verkauf sonst
immer streng abgelehnt hatte ....
Aber auf dem Krähenberge waren Anna und
Hof bauers Fritz immer zusammen gekommen. . ..
Nun liegt sie dort draufsen auf der luftigen
Höhe, ganz allein und frei, von keinem Zwange
und keinem Vorurteil mehr gehetzt.
Es hatte niemand etwas dagegen, sie dort zu
beerdigen. Eltern und Verwandte hatte sie nicht.
Auch die Kirche machte keine Einwendungen. An
einer „Selbstmörderin" war ihr nichts gelegen.-------
Wir haben ihr eine junge, schlanke Birke auf
das Grab gepflanzt. . . . Auch Blumen, und die
blühen dort nun, rot und gelb und weifs ....
Vor zwei Jahren war ich zuletzt dort.
Da sang der Sommerwind in den Kronen der
Föhren und es war ein Wispern und Raunen, als
wollten Wind und Bäume der einsamen Schläferin
Schlummerlieder singen!
Und das Blättergeriesel der jungen Birke klang
wie leises, feines Engelsingen ....
FRITZ MACKENSEN, STUDIE
C 289 3
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