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DIE WANDTEPPICHE DER WEBSCHULE

ZU SCHERREBEK

ALFRED MOHRBUTTER, MELANCHOLIE

IN den ländlichen Bezirken der schleswig'schen Westküste
blühte in früherer Zeit mancherlei häusliche Kunstarbeit.
Die Männer beschäftigten sich an den langen Winterabenden
mit der Anfertigung von hölzernem Gerät, das mit Kerb-
schnittornamenten verziert und oft auch in lustigen Farben
bemalt wurde. Die Frauen verstanden sich auf feine Leinen-
stickerei und Spitzenklöppeln. Am Webstuhl fertigten sie
nicht nur Stoffe für Männer- und Frauenkleidung, sondern
auch Arbeiten, die mit der praktischen Verwendung deko-
rative Zwecke verbanden: glatte und plüschartige Bezüge für
Stuhl- Bank- und Wagen-Kissen und vor allem zweifarbige
Beiderwand-Vorhänge mit geometrischen Mustern, Blumen-
motiven und figürlichen Darstellungen biblischen und mytho-
logischen Inhaltes. Heute sind diese Bethätigungen eines alten
Hausfleifses in Schleswig - Holstein so gut wie ganz aus-
gestorben."

Die Anregung zu dem Versuch, diese Hand Weberei der
alten Hauskunst in Schleswig wieder einzuführen, ging von
Dr. F. Deneken aus, dem ehemaligen Assistenten am Ham-
burger Kunst- und Gewerbemuseum und jetzigen Direktor am
Kaiser Wilhelms-Museum in Krefeld. Im Verein mit Pastor
Jacobsen, der in Scherrebek, einem drei Meilen nördlich
von Tondern gelegenen Kirchdorf, seit einer ^Reihe von
Jahren in uneigennützigster Weise die deutsche Sache gegen
dänische Umtriebe zu fördern suchte, gründete er unter der
Form einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht eine
Schule für Kunstweberei. Das Unternehmen hat überall im
Lande lebhafte Aufnahme gefunden, und bei dem Interesse,
das man diesem Versuch auch aufserhalb Schleswig-Hol-
steins entgegengebracht hat, steht zu hoffen, dafs das ange-
strebte Ziel in absehbarer Zeit erreicht werden wird. Die
Scherrebeker Webschule fufst nicht auf heimischen Tradi-
tionen; sie hat aus Norwegen und Schweden alle diejenigen
Techniken der Handweberei übernommen, die zur Zeit mit
so grofsem Erfolg als beliebteste Frauenkunst im skandina-
vischen Norden geübt werden.

„Die von ständigen, geschulten Weberinnen der Anstalt
nach künstlerischen Entwürfen ausgeführten Wandteppiche,
Kissenbezüge etc. sind in der uralten, primitiven norwegischen

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