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sich bald zufrieden gibt., ist ein Hindernis und sollte er-
barmungslos ausgerottet werden.

Neben dem Dilettantismus im engeren Sinne ist der
sicherste Weg, Kunst fühlen zu lernen, die Thätigkeit des
Sammlers. "Wir wollen darunter namentlich den verstehen,
der sein Interesse dem Leben seiner eigenen Epoche zuwendet.
Wenn sich auch der Wert von Sammlungen alter Kunst im
Privatbesitz nicht hoch genug schätzen läfst, erst die innige
Berührung mit der Produktion der Gegenwart schafft Sammler,
wie wir sie zur Förderung unserer lebendigen Kunst augen-
blicklich fast noch nötiger brauchen als Künstler.

Eine Scheidung zwischen Kunst und „Kunstgewerbe"
erkennt unsere Generation nicht mehr an. Ein Bucheinband,
eine Stickerei kann ebensogut Kunst enthalten wie ein Bild.

Wer es mit seiner Selbsterziehung ernst nimmt, mag als
ausübender, als sammelnder, als bestellender Kunstliebhaber
verfahren je nach Neigung und Vermögen: er wird sich und
seinem Volk am besten dienen, wenn er sein Ziel hoch steckt
und es mit unermüdlichem Bemühen zu erreichen sucht.

Dies ist die Stellung, die wir für den ernsten Dilettan-
tismus in Anspruch nehmen.

Die landläufigen Vorurteile werden uns nicht beirren.
Gewifs haben viele bedeutende Männer nicht ohne Recht sehr
viel Herbes und Hartes über den Dilettantismus gesagt, und
es läfst sich aus der Fülle der Schwächen und Thorheiten,
die ihm noch anhaften, ein Verdammungsurteil wohl be-
gründen.

Aber den Bau dieser absprechenden Kritik wirft eine ein-
zige Frage über den Haufen: glaubt irgend jemand, den
Dilettantismus aus der Welt schaffen zu können?

Und würde, wenn es möglich wäre, den starken Trieb
zur Bethätigung durch das Raisonnement zu unterdrücken,
etwas damit gewonnen sein?

Ist dies nicht der Fall, so giebt es vernünftiger Weise
nur die eine Möglichkeit, den Dilettantismus als vorhandene
Kraft anzuerkennen, ihn gesund und stark zu machen und
den Platz zu suchen, wo er im wirtschaftlichen Leben der
Nation dem Gesammtwohle dient. *)

*) Aus dem als Manuskript gedruckten Jahrbuch der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde. Die Illustrationen der
Aufsätze: „Vom Dilettantismus", „Hamburg", und „Die Kunst und die Massen" rühren von Mitgliedern der Gesellschaft her, die
Buchausstattung stammt aus dem Jahrbuch und ist ebenfalls von Dilettanten gezeichnet und geschnitten.

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FRÄULEIN EBBA TESDORPF, AUS DEM ALTEN HAMBURG

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