FRÄULEIN EBBA TESDORPF, BUTENKAIEN IN HAMBURG
eins der Arbeitsgebiete ihrer Mitglieder in Angriff genommen.
Das Jahrbruch enthält zahlreiche Beispiele.
Mit dem Holzschnitt haben sich einige Mitglieder sehr
rasch vertraut gemacht. Es wurde dabei der sogenannte
Tonschnitt von vornherein ausgeschlossen, weil dessen Be-
handlung den Dilettanten zu weit führen, und weil dabei der
sehr wichtige Zwang, die Zeichnung auf einfache Formen
zu beschränken, wegfallen würde.
*
Mit Absicht sind für die gemeinsame Bethätigung der
Kräfte zunächst Unternehmungen in Angriff genommen, deren
Ziele allgemein verständlich waren und mit den verfügbaren
Mitteln erreichbar schienen.
Finden die Bestrebungen ferner Anklang, so liegen noch
viele andere Wege offen.
Mitgliedern der Gesellschaft, Frl. Ebba Tesdorpf und
Frau Marie Zacharias, verdanken wir als Resultat jahrelanger
Mühen die genauesten Aufnahmen des untergegangenen alten
Hamburg. Fast jedes Haus könnte nach diesen Zeichnungen
wieder aufgebaut werden. Es verdient hervorgehoben zu
werden, dafs die Hamburger Dilettanten sich weit eher und
konsequenter die Darstellung der malerischen Schönheit ihrer
Vaterstadt zur Aufgabe gemacht haben, als die Künstler.
Für die lebende Kunst ist dies Material noch nicht aus-
genutzt. Der Hamburger Architekt hat seit einer Generation
münchnerisch, berlinisch, hannoverisch, englisch, italienisch
und französisch gebaut, das Hamburgische aber mit Konse-
quenz vermieden.
Da sonst nirgend eine Möglichkeit vorhanden scheint,
soll im Jahrbuch der Gesellschaft auf Grund des unerschöpf-
lichen Aufnahmematerials und weiterer Studien einmal die
Frage aufgeworfen werden: welche besondern Züge trug die
bürgerliche Architektur in Hamburg, und was wäre davon
in unsern Tagen praktisch noch umbildungsfähig?
Gemeinsam haben beide Gesellschaften den Versuch ge-
macht, der Originalradierung und Lithographie in Hamburg
eine Stätte zu bereiten.
Die ältere Generation der einheimischen Künstler hat seit
Jahrzehnten die Radierung und Lithographie aufgegeben. Es
wurde nicht mehr gesammelt. Das lag in Hamburg nicht
anders als überall.
Es wäre kurzsichtig gewesen, die Künstler zur "Wieder-
aufnahme der vergessenen Kunstformen zu ermuntern, wenn
nicht zugleich daraufhingearbeitet wurde, die Sammelfreude,
die nie erlischt, der Kunst zuzuwenden, und der Produktion
dadurch den Boden zu bereiten.
Dafs ein lebhaftes Bedürfnis auch heute zum Sammeln
treibt, beweist namentlich die Vorliebe für die sogenannten
Liebigbilder, die aus einer Spielerei der Kinder eine Beschäftigung
der Erwachsenen geworden ist. Man kennt die vom künst-
lerischen Standpunkt meist schauderhaften Buntdrucke, die
den Käufern von Liebigs Fleischextrakt seit einigen Jahr-
zehnten als Prämie verabfolgt werden. Die bunten Bilderchen
werden jetzt mit grofsen Preisen bezahlt. Es gibt einen
wohlorganisierten Handel in diesem Artikel, seltene Blätter
erreichen die Preise von Originalradierungen, in Berlin gibt
es zwei Vereine der Sammler von Liebigbildern und es er-
scheinen illustrierte Fachblätter! Das Geld, das in diesen
Spielereien angelegt wird, würde genügen, eine Blüte der
Originalradierung an allen Orten zu zeitigen. So befremdend
es klingt, dafs einzelne Sammler tausende für diese Puschel
ausgeben, so erfreulich ist das Zeichen an sich: die Freude
am Sammeln ist wieder da.
Soll nun an einem Ort wie Hamburg zum Sammeln von
Kunstblättern angeregt werden, so müssen die ersten Blätter
ein sachliches Interesse haben. Bildnisse hamburgischer Per-
sönlichkeiten, Motive aus dem heimischen Leben und der
hamburger Landschaft, mit einem Wort künstlerische Ham-
burgensien ergeben sich damit als Inhalt von selber. Auch
hier wird an vorhandene Neigungen angeknüpft. Es gibt seit
alter Zeit sehr viele leidenschaftliche Hamburgensiensammler.
C 307 B
39*
eins der Arbeitsgebiete ihrer Mitglieder in Angriff genommen.
Das Jahrbruch enthält zahlreiche Beispiele.
Mit dem Holzschnitt haben sich einige Mitglieder sehr
rasch vertraut gemacht. Es wurde dabei der sogenannte
Tonschnitt von vornherein ausgeschlossen, weil dessen Be-
handlung den Dilettanten zu weit führen, und weil dabei der
sehr wichtige Zwang, die Zeichnung auf einfache Formen
zu beschränken, wegfallen würde.
*
Mit Absicht sind für die gemeinsame Bethätigung der
Kräfte zunächst Unternehmungen in Angriff genommen, deren
Ziele allgemein verständlich waren und mit den verfügbaren
Mitteln erreichbar schienen.
Finden die Bestrebungen ferner Anklang, so liegen noch
viele andere Wege offen.
Mitgliedern der Gesellschaft, Frl. Ebba Tesdorpf und
Frau Marie Zacharias, verdanken wir als Resultat jahrelanger
Mühen die genauesten Aufnahmen des untergegangenen alten
Hamburg. Fast jedes Haus könnte nach diesen Zeichnungen
wieder aufgebaut werden. Es verdient hervorgehoben zu
werden, dafs die Hamburger Dilettanten sich weit eher und
konsequenter die Darstellung der malerischen Schönheit ihrer
Vaterstadt zur Aufgabe gemacht haben, als die Künstler.
Für die lebende Kunst ist dies Material noch nicht aus-
genutzt. Der Hamburger Architekt hat seit einer Generation
münchnerisch, berlinisch, hannoverisch, englisch, italienisch
und französisch gebaut, das Hamburgische aber mit Konse-
quenz vermieden.
Da sonst nirgend eine Möglichkeit vorhanden scheint,
soll im Jahrbuch der Gesellschaft auf Grund des unerschöpf-
lichen Aufnahmematerials und weiterer Studien einmal die
Frage aufgeworfen werden: welche besondern Züge trug die
bürgerliche Architektur in Hamburg, und was wäre davon
in unsern Tagen praktisch noch umbildungsfähig?
Gemeinsam haben beide Gesellschaften den Versuch ge-
macht, der Originalradierung und Lithographie in Hamburg
eine Stätte zu bereiten.
Die ältere Generation der einheimischen Künstler hat seit
Jahrzehnten die Radierung und Lithographie aufgegeben. Es
wurde nicht mehr gesammelt. Das lag in Hamburg nicht
anders als überall.
Es wäre kurzsichtig gewesen, die Künstler zur "Wieder-
aufnahme der vergessenen Kunstformen zu ermuntern, wenn
nicht zugleich daraufhingearbeitet wurde, die Sammelfreude,
die nie erlischt, der Kunst zuzuwenden, und der Produktion
dadurch den Boden zu bereiten.
Dafs ein lebhaftes Bedürfnis auch heute zum Sammeln
treibt, beweist namentlich die Vorliebe für die sogenannten
Liebigbilder, die aus einer Spielerei der Kinder eine Beschäftigung
der Erwachsenen geworden ist. Man kennt die vom künst-
lerischen Standpunkt meist schauderhaften Buntdrucke, die
den Käufern von Liebigs Fleischextrakt seit einigen Jahr-
zehnten als Prämie verabfolgt werden. Die bunten Bilderchen
werden jetzt mit grofsen Preisen bezahlt. Es gibt einen
wohlorganisierten Handel in diesem Artikel, seltene Blätter
erreichen die Preise von Originalradierungen, in Berlin gibt
es zwei Vereine der Sammler von Liebigbildern und es er-
scheinen illustrierte Fachblätter! Das Geld, das in diesen
Spielereien angelegt wird, würde genügen, eine Blüte der
Originalradierung an allen Orten zu zeitigen. So befremdend
es klingt, dafs einzelne Sammler tausende für diese Puschel
ausgeben, so erfreulich ist das Zeichen an sich: die Freude
am Sammeln ist wieder da.
Soll nun an einem Ort wie Hamburg zum Sammeln von
Kunstblättern angeregt werden, so müssen die ersten Blätter
ein sachliches Interesse haben. Bildnisse hamburgischer Per-
sönlichkeiten, Motive aus dem heimischen Leben und der
hamburger Landschaft, mit einem Wort künstlerische Ham-
burgensien ergeben sich damit als Inhalt von selber. Auch
hier wird an vorhandene Neigungen angeknüpft. Es gibt seit
alter Zeit sehr viele leidenschaftliche Hamburgensiensammler.
C 307 B
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