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DER VORSTEHERJAKOB

Wer nicht übern Steg will, mufs durchs
Wasser. Aber nasse Füfse sind keinem gut, und
einem alten Mann erst recht nicht. Und als der
Vorsteherjakob nach seinem achtzigsten Geburtstag
von den Menschen ging und sich am Jonasbusch
die Lehmhütte zurecht machte, wars für sein Recht
besser, als für ihn selber.

Aber der Hund, der Gras frifst, weifs warum.
Und wenn dem Alten die Gesellschaft von Krähen
und Hasen nicht recht gewesen war, hätt ers
keine vier Jahr da draufsen ausgehalten. Seinem
Theodor wärs die halben Aecker wert gewesen, und
Platz hatte sein Haus mehr, als der Alte brauchen
konnte. Es war das gröfste in Weroth und der
Vorsteherjakob hatte es selber gebaut: vor einigen
sechzig Jahren, als er ein junger Bursch war, und
der reiche Birnbach ihn hinauswarf, weil er an seine
Anna wollte.

Damals hatten die Werother zum erstenmal
gemerkt, dafs dem Jakob grade Wege lieber waren,
als ihre krummen Dorfgassen. Und sie hatten die
alten staubigen Geschichten wieder ausgekramt:

Wie er mit seinem Vater ins Dorf gekommen
war, an einem Sonntagmorgen, als die Sonne schien
und die Kirche ausging. Unten am Mühlhaus hatten
sie gestanden in ihren verstaubten fremden Kleidern
und nach Arbeit gefragt.

Wie sie alle die Köpfe geschüttelt hatten und der
reiche Birnbach die beiden mitnahm, den schwarz-
bärtigen Alten und den bleichen Jungen mit den
seltsamen Augen und den schlanken Gliedern.

Wie in der Schule ihm keiner gleichkam, im
Lesen und im Eigenwillen, und wie er dem alten
hinkenden Lehrer das Buch an den Kopf warf,
weil was Falsches drin stand.

Wie der Alte mit ihm im Schuppen des Birn-
bach safs, Abend für Abend, und schnitzte und

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