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Die Seele kennt kein einfaches Gefühl, sie kennt nur
tausendfältige Strömungen, ein endlos aus Lust- und Un-
lustgefühlen ineinanderfliefsendes Gewoge. Und das also,
was kein "Wort-Dichter erreicht, erreicht Ansorge. DieKlavier-
begleitung bei seinen Liedern ist keine „Begleitung", sondern
eine Stimme für sich, ja mehrere Stimmen gleichzeitig. Sie
ist neben dem Erlebnis der Singstimme ein Gefühlserlebnis
für sich, eine selbständige Gefühlsreihe, die neben der ersten
ihre Geheimnisse singt. Immer sind es mehrere Empfindungs-
reihen, die sich miteinander verflechten, sich ineinander-
schieben, um sich wieder zu lösen. Und während die eine
Reihe sich zu einer mächtigen Tonwelle emporhebt, ver-
sinkt die andere in eine verhallende Monotonie, hört auf,

um dann plötzlich, ganz unmittelbar aufzuschrecken und von
Neuem zu verebben.

Ist jedes dieser Lieder nach innen das denkbar klarste
Bild der endlos zusammengesetzten Seelenvorgänge, so kann
es wohl am Besten nach aufsen hin als ein kleines Orchester-
werk, so paradoxal es auch klingen mag, betrachtet werden.
Die lebendige Stimme vereinigt sich mit der Stimme des In-
strumentes zu einer Klangfarbe von einem unsagbar geheimen
Zauber, der das Paradies, das Ansorge gedichtet hat, auch
wirklich träumen läfst . . .

,C'est cela . . ."

Stanislaw Przybyszewski

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