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KUENSTLER IM KUNSTHANDWERK

IL

DIE ABTEILUNG DER KLEINKUNST IN DEN INTERNATIONALEN AUSSTELLUNGEN

ZU MUENCHEN UND DRESDEN 1897

N den kurzen "Worten, in denen ich am
Abschlufs meines ersten Artikels
auf die Abteilung der Kleinkunst
in der Münchener Internationalen
Ausstellung aufmerksamgemacht
habe, betonte ich, dafs ihre Be-
deutung nicht in der Gesammt-
anordnung oder gar in der archi-
tektonischen oder dekorativen
Ausbildung wirklicher Zimmer
läge, sondern vielmehr in ver-
einzelten praktischen, eigenartig
und künstlerisch dekorierten Arbeiten der Zimmerausstattung
verschiedener Art und von verschiedenen, jedoch fast aus-
schliefslichMünchenerKünstlern. Wennsich dabei nur eine
kleine Zahl Münchener Maler oder Bildhauer mit je einem oder
ein paar glücklich und stilvoll gelösten Aufgaben beteiligt
hat, so mag das auf den ersten Blick dürftig erscheinen: in
Wahrheit ist es eine tüchtige Leistung; denn auch in England
und in den Vereinigten Staaten ist die Zahl der Künstler, die
mit Erfolg nach dieser Richtung thätig sind, verhältnismäfsig
keine grofse. Wenn man ferner auch zugeben mufs, dafs unter
dem Ausgestellten nicht wenige mifsglückte und stillose Ar-
beiten, sogar von Künstlern, die daneben Treffliches geleistet
haben, vorhanden sind, dafs auch von diesen gewifs mehr als
einer von einer weiteren Bethätigung in der Richtung der
Kleinkunst ablassen oder in eine Sackgasse sich verrennen
wird, so ist doch die Zahl der tüchtigen Arbeiten um so mehr
anzuerkennen, als diese Richtung in München fast ganz neu
ist, als die meisten sich zum ersten Mal darin versucht haben
und ihre Arbeiten zum Teil überhastet fertig stellen mufsten.
Dafür, dafs überhaupt etwas zu Stande gekommen ist, dafs
eine Anzahl von Künstlern verschiedenster Richtung und Ge-
sinnung sich vereinigt und zusammengearbeitet haben, gebührt

der Dank in erster Linie dem für die Förderung des Kunst-
handwerks durch Eingreifen der Künstler in München schon
seit längerer Zeit thätigen Hofrat Rolfs, welchem die An-
regung, die diese Ausstellung über München hinaus in ganz
Deutschland geben wird, die gröfste Genugthuung bieten wird.
Denn trotz des ganz ungünstigen Platzes, trotz der noch nicht
geglückten Anordnung und Dekoration, trotz des geringen
Verständnisses seitens des grofsen Publikums und trotz der
Gleichgültigkeit oder Ablehnung seitens des gröfseren und
des einflufsreichen Teiles der Künstlerschaft wird sich die
Anerkennung des Geleisteten in weiteren Kreisen Bahn brechen
und eine Weiterentwickelung der glücklichen Anfänge
sichern. Die Gefahr scheint mir eher darin zu liegen, dafs
diese Anerkennung zu früh kommen, dafs die neue Kunst zu
rasch zur Mode werden, von Zeitschriften aller Art in An-
spruch genommen, vom Publikum aber nicht ausreichend und
ernst mit Aufträgen bedacht werde, und dafs sie dadurch eine
kurzlebige Pflanze werden möchte.

Dies war der allgemeine Eindruck, den ich von dem
Besuch dieser Abteilung hatte, lieber die einzelnen Arbeiten
lohnt es, hier etwas eingehender zu sprechen.

Zu den seltensten Gegenständen, auch in den Ausstellungen
zu Paris, gehören die im Kunstgewerbe hervorragend wichtigen
Möbel. Von ihrer stilvollen einheitlichen Gestaltung hängt
der Charakter der Innendekoration des Hauses im Wesent-
lichen ab. Hier in München, wo nach Zeit und Platz
nur einzelne Stücke der verschiedensten Gattungen vorge-
führt werden konnten, hat man verständiger Weise auf
die zimmerartige Ausstattung durch Möbel ganz verzichtet.
Unter den vereinzelten Tischen, Schränken u. s. f., die meist
einen zu starken Anschlufs an englische Vorbilder zeigen,
scheinen mir zwei Arbeiten nach Form, Farbe und Dekoration

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