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angebracht, wie der Untersatz gebildet ist, wie der Ständer
daraus emporwächst und den Kessel aufnimmt, wie dessen
Henkel gestaltet und mit Leder überzogen ist, dafs er nicht
praktischer und geschmackvoller gedacht werden kann. Das
Vorbild chinesischer Kupferkessel ist hier mit feinstem Ver-
ständnis frei benutzt worden. (Vgl. die Abbildung im vorigen
Heft S. 46.) In anderer Weise stilvoll sind die Kupfer-
arbeiten verschiedener Art unter Leitung des Malers Kellner
behandelt. Sie sind in ihrer Form und Dekoration freilich
meist Vorbildern aus der Renaissancezeit frei nachgebildet;
aber die Art wie sie getrieben und poliert, wie sie in ver-
schiedenen Tönen oxydiert sind, wie Messing damit verbunden
ist, beweist eine richtige und charakteristische Behandlung
des Metalls.

Gerade durch die rücksichtslose Vergewaltigung des
Materials, durch Anstrich, falsche Oxydierung und stil-
widrige Behandlung desselben mufs der phantasievolle,
in der Erfindung reizende kupferne Wandbrunnen von
Wilhelm und L i n d als mifslungen erscheinen, auch nachdem
das geschmacklose Waschbecken in verzinntem Blech entfernt
worden ist. Es verrät sich hier, wie in einzelnen anderen,
von mir übergangenen Arbeiten, noch ein Rest des Mangels
an Stilgefühl der älteren Münchener Schule, die im Anstreichen
von Gipsabgüssen, Verschmutzen derselben, in falscher
Patinirung mit den unmöglichsten Farben den „Witz" der
Dekoration und im Verstellen und Verdunkeln eines Zimmers
mit lauter Trödelkram und Winkelwerk die rechte „Heimlich-
keit" des Raumes zu treffen glaubt.

Auch in Zinn ist wenigstens eine Arbeit vertreten: die
Blumenvase mit Untersatz vom Bildhauer Karl Grofs, eines
der geschmackvollsten Stücke der Ausstellung. Zur Zeit der
Renaissance hatte das Zinn weite Verbreitung und eine eigene
künstlerische Ausbildung gefunden, jedoch unter einer gewissen
Abhängigkeit vom Silber und mit Rücksicht auf seine mecha-
nische Vervielfältigung, um dem Massenverbrauch als billige
Waare zu genügen. Die moderne Kleinkunst, namentlich
französische Künstler, haben auf die Arbeit in Zinn mit Vor-
liebe zurückgegriffen; aber nicht für Gebrauchszwecke; der
schöne matte Glanz der Politur und die Weiche der Ober-
fläche, der Haut des jugendlichen Körpers verwandt, hat zur
Anfertigung von Vasen oder anderen Gefäfsen geführt, die
bedeckt sind mit nackten weiblichen Körpern, welche als
Halter dienen oder wie schwebend die glatte Oberfläche des
Gefäfses bedecken. Sehr malerische plastische Arbeiten sind
auf diese Weise entstanden, aber von einer stilvollen Be-
handlung und Dekorierung der Formen im Zinn haben sie
nur weiter abgeführt. Dagegen nutzt jene Vase und ihr Unter-
satz von Karl Grofs, welche die Hochätzung nach einer treff-
lichen Zeichnung von P. Halm wiedergiebt (vgl. voriges Heft,
S. 45), die eigenen Reize des Materials in feinster Weise aus:
in der matten Politur, in der schlanken Form mit den Oeff-
nungen für die einzelnen Blumen und den Buckeln, welche
die pikanten Gegensätze im Licht hervorbringen, in der zarten,
nur ganz leicht eingeritzten Pflanzendekoration, welche die
schlanke Form und den Effekt der glänzenden Flächen nicht
stört, sondern hebt.

Unser Schmiedehandwerk hat in den letzten Jahr-
zehnten durch Anlehnung und treue Nachbildung der alten
Meisterwerke verschiedenster Zeiten sich zu einer Meisterschaft
der Technik entwickelt, wie kein anderes Kunsthandwerk.

Hier den Versuch zu machen, die vollendete Technik für neue,
eigene Formen und neue Dekorationen zu verwenden, mufs da-
her für den Künstler von besonderem Reiz sein. In den Ver-
einigten Staaten ist man in der That schon seit einigen Jahren
zu einer ganz eigenartigen, stilvollen und ansprechenden Be-
handlung des Eisens gekommen. Auch auf der Münchener
Ausstellung finden sich einige glückliche Proben in ver-
schiedenen Richtungen. Namentlich verschiedene gröfsere
Leuchter für Kerzenlicht j scharfkantig im Schnitt der
Stützen und von einfacher, eisenmäfsiger Behandlung der
als grofse Blumenkelche gestalteten tellerartigen Teile. Diese
Leuchter nach den Entwürfen von E. v. Berlepsch und
Otto Eckmann ausgeführt, sind fast von gleicher Schön-
heit. Eckmanns feiner Natursinn und sein Stilgefühl
kommen auch hier voll zum Ausdruck. Als Beschlag ist
das Eisen besonders anziehend behandelt in einer gröfseren
Truhe in Eichenholz von Hermann Obrist, der jetzt der
Eisentechnik ein besonderes Interesse zuwendet. Nicht un-
ähnlich gotischen Thürbeschlägen, strecken sich die langen
scharfen Blattformen, den Blättern der Schwertlilie verwandt,
von den zwei Angelpunkten über den ganzen Deckel aus; eine
verwandte Dekoration hat auch das untere Brett. Die Farbe
des Eisens ist dunkel; damit auch die Eichenholzplatten mit
diesem Tone gut zusammengehen, hat der Künstler das Holz
schwärzlich lasiert. Dem Charakter des Holzes, das doch bei
der Truhe das bestimmende Material ist, scheint mir dadurch
eine gewisse Gewalt angethan zu sein; Holz und Eisen hätten
gerade in ihren Gegensätzen richtiger und glücklicher zur
Geltung gebracht werden können. Auch ist die tiefe Stim-
mung in der Färbung, die — worauf ich gleich noch eingehen

B. PANKOK, STUHL, GEZEICHNET VON PETER HALM

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