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an den Fähndrich, der fühlt ihren warmen Leib,
wie er nimmer hat gefühlt, seit er den Spiefs trug.
Sie blieb aber neben ihm stehen und er hub an
zu reden, wie er zu den beiden Klosterfrauen ge-
redet hatte von dem, was er wufste allein, von
Dreinhaun, Schlacht und Wunden. Und da sie
noch immer das Landsknecht-Lied vor Pavia hörten
verklingen von der Gasse herauf, erzählte er davon,
wie er gegen Schwyzer gestanden und Franzos.

Das Nönnlein aber zitterte sehr bei all dem
Graus und ging nicht von seiner Seiten. Da kam
ein grofser Stolz über ihn wegen seiner Pflicht
und des zerschlissenen Wamses, das er trug. Ein
grofser Stolz, dafs er sei ehrlicher frumber deutscher
Knechte Fähndrich, und brüstete sich und ward
weich, wie sonst nicht seines Sinnes Art, und sprach:
— Wann es aber an's Letzte kommt und steht
schlecht um uns, bleibt noch ein ehrlicher Soldaten-
tod. Will nit auf dem Stroh verrecken. Ist nicht
Mannes wert. Wann unser letztes Stündlein naht,
dann heifst es sterben mit der Fahne, meiner an-
getrauten Braut. Und haut mir gar einer die rechte
Hand ab, lafs ich mir's nit anfechten, hab ich nur
die Linke. So die aber auch fällt, nehm ich die
Fahne zwischen die Zähne und wollen sie mir's
entreifsen und ich kann mich ihrer nicht erwehren,
hüll ich mich in ihr Linnen als in ein Leichentuch,
schick ein Stofsgebet zum Himmel und wart' auf
den letzten Streich!

Da war es ihm, als schauerte das Nönnlein zu-
sammen und legt' sich an ihn an. War ihm aber
solches nimmer geschehen und er griff um ihren
Leib. Sie aber machte sich davon. Ist jedoch kein
Schrei gehört worden.

Wie nun die Nacht ganz hereinsank, ward es
dem Fähndrich gar wundersam auf dem einsamen
Lager. Der Mond schien zur Kammer herein und
liefs ihn nicht schlafen. Still war es ganz geworden.
Nicht ein Laut zu hören, als aller Stund der Ruf
vom Türmer von Sankt Aegidien. Und die feine
Lagerstatt plagte des Fähndrichs Glieder. War zu
weich, dafs allerlei Gedanken aufstiegen in seinem
. n Und er zurückdachte, wie er auch einmal ein
junger Knab gewesen und Liebeshuld genossen.
Und die alten Narben anFufs und Schenkel brannten,
1 s sie ihn mahnten, wie er sein Leben verthan im
rauhen Kriegsdienst.

, ,a *st ein grofses Brennen über ihn gekommen

n°h sich vom Lager, that die Thür auf und

SIe wieder fürsorglich, tappte den Gang

die Stiegen bis dort, wo er des Nönn-

hob
schlofs
hinab über

Da sie ihn aber sah, ward es ihr leid und fürchtete
sich sehr und fing an zu rufen, er möchte ihrer
schonen, und schrie laut, denn sie meinte gar, es
ginge an ihr Leben. Er aber vergafs des Schwures,
den die frumben Knechte gethan, bei ihrer aller
Ehre.

Des Nönnleins kläglich Geschrei ward aber ver-
nommen im Schwesternhause und die Frauen kamen
gestürzt von allen Seiten ein brennend Lichtlein
in der Hand. Und die Alte, die doch schön ge-
than mit dem Fähndrich, rief:

— Liebe Schwestern, es ist ein reifsender Wolf
unter die Schafe gefallen, lasset uns dem Feld-
hauptmann Idagen, welche Schmach uns angethan,
der als ein Hüter und Schirm bestellt ist vor den
Knechten.

Da aber der Fähndrich aus der Zelle ging, flohen
die Schwestern vor seinem Anblick. Er aber rief
ihnen nach:

—Was locket Ihr den Mann mit Weibes Künsten,
dafs er seines Wortes und seiner Soldatenehre ver-
gifst.' Fürchtet nichts! Ich selbst will dem Haupt-
mann treulich alles melden!

Dann ging er in die Nacht davon, dafs er seine
Fahne übergäbe, denn er meinte, nun müsse sie
wohl ein Anderer tragen.

feins Zelle

legen

wufste, und fand keinen Riegel davor.

Auf dem Markt hatten die Landsknechte eine
Ordnung gemacht, dafs das gemeine Volk nit konnte
herantreten. Die Trommeln klangen und Pfeifen
und alle Knechte standen in Waffen. In der Mitte
aber hatten sie zwei Reihen aufgestellt mit den
langen Spiefsen, dafs eine Gasse frei ward, durch
die man konnte lange schreiten. Alles Volk stand
aber rundum, Bürger und Ratsherrn. Auch der
Alte der heimgekommen war mit ioooo Goldgülden
beladen, die er ausfertigen wollte der Gemeine der
frumben Knechte.

Vor den beiden Reihen aber hielt auf einem
schwarzen Pferde Herr Eyfs von Simmbach gar
finster von Angesicht und bedeutete den Tromm-
lern zu schweigen. Und nun trat der Profofs vor
die Reihe mit hoher Mütze und wallender Feder
an der Seite das Schwert und den Stab in der Hand
und liefs sich also vernehmen:

— Lieben Freunde und frumben Knechte. Ihr
wifst wie wir einen Eid zum Himmel gesandt haben
dafs wir schonen sollten alles was geistlich ist,
welcher Art auch, bei unsrer Ehre.

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