AUS MUENCHEN
LUDWIG DILL
UND DIE
NEUEREN BESTREBUNGEN DER MUENCHENER LANDSCHAFTERSCHULE
IE Vorstellungen, die in den weiteren Kreisen
der Gebildeten von moderner Kunst
herrschen, haben bekanntlich wenig Aehn-
lichkeit mit ihr, wie sie heut thatsächlich
ist. Denn jene rühren zumeist von den
mit pöbelhaftem Gepolter auftretenden
kunstlosen Erzeugnissen einer Programm-
malerei her, wie sie sich in den Ausstellungen breit macht.
Was aber vor sechs Jahren noch als das unbedingt Richtige,
gleichsam als etwas endlich Entdecktes und Erkanntes galt,
erscheint uns heute im Lichte eines Zeitproblems von nur
vorübergehendem Interesse, dessen Lösung nicht den Wert
einer positiven Errungenschaft besitzt, sondern mehr den
einer Negation, eines Frontmachens gegen die gerade übliche
handwerksmäfsige Schablone — handwerksmäfsig im
idiosen Sinn — deren definitiven Untergang sie herbeiführte.
Leistungen von hohem künstlerischen Rang brachte die
Pleinairschule nicht hervor und wo gleichzeitig doch solche
entstanden, erkennen wir heute den nur losen Zusammenhang
mit jener Bewegung. Die Thatsache, ob eine Fläche hell
oder dunkel gestimmt, erscheint uns heute nur noch als
Unterschied, nicht mehr als Vorzug. Ueberdies hatte ja für
den Landschafter das Studium unter freiem Himmel stets
eine conditio sine qua non bedeutet, das die Fontainebleauer
schon zu einer Feinheit ausgebildet, die unsere heutige Kunst
kaum wieder erreicht.
Nachdem die Bewegung zu den dankenswerten Resultat
eines neuen vertieften Studiums überhaupt und damit zu von
neuem beginnender Selbständigkeit geführt hatte, läge nun
das Heil durchaus nicht mehr im konsequenten Verfolgen
jener einstigen Dogmen. Ja, die uns anhaftende Scheu, sie
rücksichtslos zu durchbrechen, die Früchte einer der mäch-
tigsten Kunstrevolutionen praktisch wieder vollständig zu
negieren, ist dem Fortgang der Entwickelung direkt schädlich.
Denn die Begleiterscheinung der modernen Kunst: Frei-
heit, offene Bahn geschafft zu haben, ist ihr gröfster Erfolg.
(T 174 I)
LUDWIG DILL
UND DIE
NEUEREN BESTREBUNGEN DER MUENCHENER LANDSCHAFTERSCHULE
IE Vorstellungen, die in den weiteren Kreisen
der Gebildeten von moderner Kunst
herrschen, haben bekanntlich wenig Aehn-
lichkeit mit ihr, wie sie heut thatsächlich
ist. Denn jene rühren zumeist von den
mit pöbelhaftem Gepolter auftretenden
kunstlosen Erzeugnissen einer Programm-
malerei her, wie sie sich in den Ausstellungen breit macht.
Was aber vor sechs Jahren noch als das unbedingt Richtige,
gleichsam als etwas endlich Entdecktes und Erkanntes galt,
erscheint uns heute im Lichte eines Zeitproblems von nur
vorübergehendem Interesse, dessen Lösung nicht den Wert
einer positiven Errungenschaft besitzt, sondern mehr den
einer Negation, eines Frontmachens gegen die gerade übliche
handwerksmäfsige Schablone — handwerksmäfsig im
idiosen Sinn — deren definitiven Untergang sie herbeiführte.
Leistungen von hohem künstlerischen Rang brachte die
Pleinairschule nicht hervor und wo gleichzeitig doch solche
entstanden, erkennen wir heute den nur losen Zusammenhang
mit jener Bewegung. Die Thatsache, ob eine Fläche hell
oder dunkel gestimmt, erscheint uns heute nur noch als
Unterschied, nicht mehr als Vorzug. Ueberdies hatte ja für
den Landschafter das Studium unter freiem Himmel stets
eine conditio sine qua non bedeutet, das die Fontainebleauer
schon zu einer Feinheit ausgebildet, die unsere heutige Kunst
kaum wieder erreicht.
Nachdem die Bewegung zu den dankenswerten Resultat
eines neuen vertieften Studiums überhaupt und damit zu von
neuem beginnender Selbständigkeit geführt hatte, läge nun
das Heil durchaus nicht mehr im konsequenten Verfolgen
jener einstigen Dogmen. Ja, die uns anhaftende Scheu, sie
rücksichtslos zu durchbrechen, die Früchte einer der mäch-
tigsten Kunstrevolutionen praktisch wieder vollständig zu
negieren, ist dem Fortgang der Entwickelung direkt schädlich.
Denn die Begleiterscheinung der modernen Kunst: Frei-
heit, offene Bahn geschafft zu haben, ist ihr gröfster Erfolg.
(T 174 I)