Die zweite Gruppe besteht nur aus zwei Blättern, dem
Lamm mit den sieben Hörnern und den sieben Augen, das
die sieben Siegel lösen soll (Bartsch 63), und der Hochzeit
des Lammes (Bartsch 6y), die trotz der Vielheit der im
Himmelsraum gruppierten Figuren Visionen von einer voll-
kommen geschlossenen Wirkung zur Darstellung bringen.
Hier fällt der enge Anschlufs an den Text durchaus nicht
auf, selbst nicht in den vier Tieren, den Evangelistensymbolen,
mit ihren sechs Flügeln und voller Augen, da solche Einzel-
heiten dem Ganzen durchaus untergeordnet sind. Genial
ist auf dem ersten dieser Blätter die Anordnung, die über
einer reichen Landschaft mit Burgen am Meer auf bewaldeten
Berghängen das weitgeöffnete, ganz solid gezimmerte
Himmelsthor zeigt: doch tritt ein neuer Bestandteil gegen-
über der sonstigen Kunst der Zeit hier noch nicht hervor.
Bei dem Rest der Blätter ist es damit ganz anders bestellt.
Nicht mehr durch die geistvolle Gestaltung der Einzelheiten
wirken sie, sondern prägen sich durch den grofsen und ein-
fachen Aufbau der ganzen Komposition, durch die Wucht
der Darstellung, die Lebendigkeit der Schilderung un-
auslöschlich der Erinnerung ein. Nur wenig einzelne Gestalten
füllen meist den Raum aus, bald in den oberen oder in den
unteren Teil des Blattes hineingestellt, bald an die Seiten
verteilt oder gleichmäfsig über die Fläche ausgebreitet, aber
immer deutlich und mächtig
zur Geltung kommend und den
Bildraum vollkommen aus-
füllend, was meist durch die
Wahl eines hoch liegenden
Horizonts ermöglicht wird.
Hier sind alle Kennzeichen eines
echten Monumentalstiles ge-
geben: man kann diese Kom-
positionen beliebig verkleinern
oder vergröfsern, immer bleiben
sie klar und in sich geschlossen,
so dafs sie, dank der Lebendig-
keit und Fülle der in ihnen
niedergelegten Anschauung, die
gröfste Vereinfachung wie die
weitest gehende Durchführung
vertragen.
In erster Reihe stehen da,
neben den berühmten apoka-
lyptischen Reitern (Bartsch 64),
die in ihren vier Gestalten die
ganze Wucht des Angriffs
eines Reiterregiments zur An-
schauung bringen, die vier
Engel, welche den Winden
wehren (Bartsch 66), in genia-
ler Anordnung zu einer Gruppe
vereinigt, während sie den
Worten des Textes nach an
den vier Ecken der Erde hätten
stehen sollen, und die fürchter-
liche Darstellung der vier Engel
vom Euphrat (Bartsch 60), die
den dritten Teil der Mensch-
heit niedermähen. Hier geht
Dürer weit über alles hinaus,
was die deutsche Kunst bis
dahin geleistet hatte. Das
sind keine Illustrationen mehr,
sondern Kompositionen von
monumentaler Wucht und
selbständiger Bedeutung. Die
Ausdrucksmittel des Holz-
schnitts sind hier in ihrem
ganzen Umfange ausgenutzt,
um Werke zu scharfen, die
bei voller Geschlossenheit alle
C 179 D
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Lamm mit den sieben Hörnern und den sieben Augen, das
die sieben Siegel lösen soll (Bartsch 63), und der Hochzeit
des Lammes (Bartsch 6y), die trotz der Vielheit der im
Himmelsraum gruppierten Figuren Visionen von einer voll-
kommen geschlossenen Wirkung zur Darstellung bringen.
Hier fällt der enge Anschlufs an den Text durchaus nicht
auf, selbst nicht in den vier Tieren, den Evangelistensymbolen,
mit ihren sechs Flügeln und voller Augen, da solche Einzel-
heiten dem Ganzen durchaus untergeordnet sind. Genial
ist auf dem ersten dieser Blätter die Anordnung, die über
einer reichen Landschaft mit Burgen am Meer auf bewaldeten
Berghängen das weitgeöffnete, ganz solid gezimmerte
Himmelsthor zeigt: doch tritt ein neuer Bestandteil gegen-
über der sonstigen Kunst der Zeit hier noch nicht hervor.
Bei dem Rest der Blätter ist es damit ganz anders bestellt.
Nicht mehr durch die geistvolle Gestaltung der Einzelheiten
wirken sie, sondern prägen sich durch den grofsen und ein-
fachen Aufbau der ganzen Komposition, durch die Wucht
der Darstellung, die Lebendigkeit der Schilderung un-
auslöschlich der Erinnerung ein. Nur wenig einzelne Gestalten
füllen meist den Raum aus, bald in den oberen oder in den
unteren Teil des Blattes hineingestellt, bald an die Seiten
verteilt oder gleichmäfsig über die Fläche ausgebreitet, aber
immer deutlich und mächtig
zur Geltung kommend und den
Bildraum vollkommen aus-
füllend, was meist durch die
Wahl eines hoch liegenden
Horizonts ermöglicht wird.
Hier sind alle Kennzeichen eines
echten Monumentalstiles ge-
geben: man kann diese Kom-
positionen beliebig verkleinern
oder vergröfsern, immer bleiben
sie klar und in sich geschlossen,
so dafs sie, dank der Lebendig-
keit und Fülle der in ihnen
niedergelegten Anschauung, die
gröfste Vereinfachung wie die
weitest gehende Durchführung
vertragen.
In erster Reihe stehen da,
neben den berühmten apoka-
lyptischen Reitern (Bartsch 64),
die in ihren vier Gestalten die
ganze Wucht des Angriffs
eines Reiterregiments zur An-
schauung bringen, die vier
Engel, welche den Winden
wehren (Bartsch 66), in genia-
ler Anordnung zu einer Gruppe
vereinigt, während sie den
Worten des Textes nach an
den vier Ecken der Erde hätten
stehen sollen, und die fürchter-
liche Darstellung der vier Engel
vom Euphrat (Bartsch 60), die
den dritten Teil der Mensch-
heit niedermähen. Hier geht
Dürer weit über alles hinaus,
was die deutsche Kunst bis
dahin geleistet hatte. Das
sind keine Illustrationen mehr,
sondern Kompositionen von
monumentaler Wucht und
selbständiger Bedeutung. Die
Ausdrucksmittel des Holz-
schnitts sind hier in ihrem
ganzen Umfange ausgenutzt,
um Werke zu scharfen, die
bei voller Geschlossenheit alle
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