jüngeren Kräfte mehr Wohlwollen und Entgegenkommen
bewiesen wird als an dem anderen, das hängt von der Gunst
der Umstände, von Persönlichkeiten, von demMafs der Einsicht
und Willenskraft an den mafsgebenden Stellen ab. Die Haupt-
sache ist, keiner Partei als solcher ein Uebergewicht über die
andere einzuräumen und auch dann, wenn sich die Wag-
schale zu Gunsten des Fortschritts senkt, dafür Sorge zu
tragen, dafs die stets vorhandenen, nachdrängenden jungen
Elemente, die ihrerseits neuen Zielen zustreben, zu ihrem
Recht gelangen.
Ist nur die Unparteilichkeit in der Leitung der Kunst-
angelegenheiten gesichert, werden die Aufgaben ohne Vor-
eingenommenheit nach Mafsgabe des Talents verteilt, nicht
aber auf Grund starrer Prinzipien und Maximen, so erweist
sich die Freiheit als das alleinige Lebensprinzip, worauf die
gesunde Entwickelung aller Kunst beruht. Freiheit in den
Studien, Freiheit in der Bewegung, Freiheit in der Vertretung
nach aufsen hin, so lautet die Losung für jeden Fortschritt.
Diese Losung gilt aber nicht nur für das Emporkommen
einer jeden neuen Schicht, sondern auch für die weitere
Gestaltung der Dinge, da sie fortdauernd die Künstlerschafc
zu frischer Entfaltung ihrer vollen Kraft nötigt. Denn in
gesicherter Stellung, in ruhigem Besitz der Macht und ohne
Furcht vor Störung wird eine jede Künstlergemeinschaft zur
Unduldsamkeit und Bedrückung hingedrängt, und erstarrt
schliefslich selbst in Manier, indem sie vom Kopieren der
eigenen Werke lebt. Dann erfolgt der Zusammenschlufs
gegen die unbequem werdenden Jungen, die Organisation
zum Zweck weiterer Befestigung der Macht; die Tyrannei,
gegen die sie einst angekämpft, üben die Künstler nun selber
aus. Damit werden sie den Grundsätzen untreu, die ihnen
bei ihrem Emporkommen geholfen haben, und sind um
nichts besser, als ihre einstigen Gegner, die Alten.
Solange aber die Freiheit waltet, und die Nötigung besteht,
sich im Kampfe zu behaupten, ruht die Gewalt in der Hand
derjenigen, denen sie von Rechts wegen zukommt; dann
herrschen die Tüchtigsten, die sich des allgemeinen Ver-
trauens erfreuen. Hoffen wir daher zum Besten des Bestandes
des Karlsruher Kunstlebens, dafs solchen Kräften wie Schön-
leber und Kalckreuth die Schaffensfreudigkeit auch ferner
ungetrübt erhalten bleibe.
W. v. Seidlitz
WILHELM LAAGE, KOHL&NMEIEK (NACH EINEM HOLZSCHNITT) C<re<roj{W(!X2<^aG^J<^!«{W<W(W<Me«<Wa<*W^
C 238 3
bewiesen wird als an dem anderen, das hängt von der Gunst
der Umstände, von Persönlichkeiten, von demMafs der Einsicht
und Willenskraft an den mafsgebenden Stellen ab. Die Haupt-
sache ist, keiner Partei als solcher ein Uebergewicht über die
andere einzuräumen und auch dann, wenn sich die Wag-
schale zu Gunsten des Fortschritts senkt, dafür Sorge zu
tragen, dafs die stets vorhandenen, nachdrängenden jungen
Elemente, die ihrerseits neuen Zielen zustreben, zu ihrem
Recht gelangen.
Ist nur die Unparteilichkeit in der Leitung der Kunst-
angelegenheiten gesichert, werden die Aufgaben ohne Vor-
eingenommenheit nach Mafsgabe des Talents verteilt, nicht
aber auf Grund starrer Prinzipien und Maximen, so erweist
sich die Freiheit als das alleinige Lebensprinzip, worauf die
gesunde Entwickelung aller Kunst beruht. Freiheit in den
Studien, Freiheit in der Bewegung, Freiheit in der Vertretung
nach aufsen hin, so lautet die Losung für jeden Fortschritt.
Diese Losung gilt aber nicht nur für das Emporkommen
einer jeden neuen Schicht, sondern auch für die weitere
Gestaltung der Dinge, da sie fortdauernd die Künstlerschafc
zu frischer Entfaltung ihrer vollen Kraft nötigt. Denn in
gesicherter Stellung, in ruhigem Besitz der Macht und ohne
Furcht vor Störung wird eine jede Künstlergemeinschaft zur
Unduldsamkeit und Bedrückung hingedrängt, und erstarrt
schliefslich selbst in Manier, indem sie vom Kopieren der
eigenen Werke lebt. Dann erfolgt der Zusammenschlufs
gegen die unbequem werdenden Jungen, die Organisation
zum Zweck weiterer Befestigung der Macht; die Tyrannei,
gegen die sie einst angekämpft, üben die Künstler nun selber
aus. Damit werden sie den Grundsätzen untreu, die ihnen
bei ihrem Emporkommen geholfen haben, und sind um
nichts besser, als ihre einstigen Gegner, die Alten.
Solange aber die Freiheit waltet, und die Nötigung besteht,
sich im Kampfe zu behaupten, ruht die Gewalt in der Hand
derjenigen, denen sie von Rechts wegen zukommt; dann
herrschen die Tüchtigsten, die sich des allgemeinen Ver-
trauens erfreuen. Hoffen wir daher zum Besten des Bestandes
des Karlsruher Kunstlebens, dafs solchen Kräften wie Schön-
leber und Kalckreuth die Schaffensfreudigkeit auch ferner
ungetrübt erhalten bleibe.
W. v. Seidlitz
WILHELM LAAGE, KOHL&NMEIEK (NACH EINEM HOLZSCHNITT) C<re<roj{W(!X2<^aG^J<^!«{W<W(W<Me«<Wa<*W^
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