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Diese Begleitempfindungen verbinden die verschiedenen
Gegenstände, die in einem Zimmer sind, untereinander, auch
wenn ihre Aufstellung oder andere Gründe eine wirkliche
Verbindung unmöglich machen; und stellen jene Einheit her,
von der ich beim Hinweis auf den Abstand zwischen der
alten Arbeitsmethode und unseren neuen Bestrebungen sprach.

Ein einzelnes Möbel erscheint nur dann als Einheit, wenn
alle sozusagen fremden Teile wie Schrauben, Scharniere,
Schlösser, Griffe, Haken nicht selbständig bleiben, sondern
in ihm aufgehen .... sonst erreichen wir nicht jene Ein-
heit, die wir vor allen anderen Eigenschaften erstreben; die
Symphonie, die unser Ideal ist, wird durch unartikulierte
oder falsche Töne geschändet.

Diese fremden Teile sind unentbehrlich und vervollstän-
digen die natürlichen Organe des Gegenstandes; sie gleichen
aber Pfropfreisern, die je nach der Geschicklichkeit, mit der
sie aufgepfropft werden, am Leben des Ganzen teilnehmen
oder absterben. Im ersten Fall ordnen sie sich ganz natürlich
dem Zweck des Möbels ein; im entgegengesetzten bleiben sie
wertlose Anhängsel, die nie mit dem Ganzen verwachsen
können.

Die Wichtigkeit dieser fremden Teile ist verschieden;
die einen braucht man nur als Hülfsmittel anzusehen, die
andern müssen dagegen das Aussehen des Möbels beeinflussen
und schreiben dessen Bau und Einteilung vor. Sind Teile
dieser letzten Art notwendig, so mufs ihr Platz von Anfang
an bestimmt sein und der Bau des Gegenstandes aus ihnen,
wie das Wasser aus der Quelle, abgeleitet werden; sie müssen
im Ganzen ebenso aufgehen, wie ein Nebenfluss im Haupt-
strom.

Bevor ich aber fortfahre und darlege, wozu diese Me-
thode führen kann, will ich ein Wort über die Erfindung
dieser Sonderteile einfügen. Eine Notwendigkeit ist ihnen
fast allen gemein: sie müssen am Gegenstande, zu dem sie
gehören, befestigt werden. Das sicherste Mittel dazu bietet
die Schraube; daher kann ich mir keinen Sonderteil dieser
Art denken, dessen Leben und Logik man nicht aus der
Schraube herleiten müfste; der Schraubenkopf, mag er platt
oder rund sein, mufs den Mittelpunkt und sozusagen den
Keim abgeben, aus dem sich nach logischen Gesetzen das
Ornament entwickelt; dieses wird dadurch organisch und
wesentlich und erobert sich aus eigenem Recht ein indivi-
duelles Leben, ohne irgendwelche Anleihen bei einer modi-
schen, bald die Pflanze, bald das Tier und bald den Menschen
mifsbrauchenden Ornamentik zu machen. Ich glaube übrigens,
dafs der edelste Inhalt jeder Ornamentik immer das Abstrakte
sein wird und behalte mir vor, dieses einmal in einem Ka-
pitel über „Moderne Ornamentik" darzulegen. Ein Jünger
der Schule des „schönen" Möbels wird sich um eine solche
Auffassung und eine solche Art, das Ornament anzubringen,
natürlich wenig kümmern; er würde, wenn es sich um einen
Kleiderständer handelte (die nebenstehende Zeichnung bietet
mir einen Anlafs, gerade dieses Beispiel zu wählen), immer
noch nachträglich irgend einen Platz für die Haken finden;
und wenn ihm nachher, weil die aufgehängten Mäntel schwer
sind, das schöne Möbel auf die Nase fiele, so würde er es
stracks mit Klammern in die Wand einmauern und es diesen
überlassen, für die Sicherheit, wenn auch nicht für die Logik,
zu sorgen. Wir dagegen meinen, dafs es besser ist, zuerst
Platz und Gestalt der Kleiderhaken zu bestimmen, ihre künf-

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