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WALTER LEISTIKOW

AUS

„GEIST DER FINSTERNIS UND DES ABGRUNDS"

EINOEDENGOTT — FEUERWEIBCHEN

Eine Binde habe ich über meine Augen
gethan; meine Hand will ich dir reichen,
Schatten, und meinen, du führest mich.

Ich nahm das Gift des Zauberers und trank. Feuer flofs mir in Blut und
Sinne: Die Riesenpforte sah ich, durch die man gehen mufs, um andre Welten und
Wesen zu schaun, davor stand der Hüter, der sprach:

-----------Und dann, wenn du noch Schauens Lust verspürst,

Will ich des Kellers Unterschlupf dir weisen,
Da magst du wohl neun Tag und Nächte reisen,
Eh du den Leib zum Lichte wieder führst. —

Das Gift drang tiefer: Wie ein weicher Vorhang wallten die eisernen Thore
zurück. — Unter Wolken stand ich, die hingen schwer herab vom Himmel, und es
schien, als wollten sie mich erdrücken . . . Mein Atem stockte, aber heftig schlug
das Herz gegen meine Brust. Die gelbe Wüste gähnte auf, die Wolken schienen
zu bersten, sie zerflossen und vereinten sich von neuem, da war mein Sinn gefangen
und mein Geist in den Bann gethan der herrlichen Erscheinung: Ein Gott trat aus
den Wolken ... die Lüfte klangen und meine Lippen bewegten sich:

Einödengott!
Schein wirft der Himmel,
Schein liegt an der Wolke,
Ueber die Lippe des Mädchens . . .

Blende mich, Schein!
Du der Tiefen — Wüsten
Wahnschwärmender Schein! —

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