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ARNULÜ BUCKLIN, CKAR0N8KIZZE

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VORBEMERKUNG

IE Böcklinausstellungen in Basel, Berlin
und Hamburg, die mit ihrem alle Er-
wartung übersteigenden Zulauf zeig-
ten, dafs der einst Verlästerte und
,t Verlachte eine anerkannte Macht ge-
worden war, hatten einen diesem Erfolg entsprechen-
den litterarischen Niederschlag. Mancherlei Treffen-
des ist bei dieser Gelegenheit gesagt worden. Ueber
eine poetisch ästhetisierende Betrachtungsweise
wurde aber in den seltensten Fällen hinaus gegangen.
In Worten schwächlich nachzudichten, was der
Meister in Form und Farbe kraftvoll ausgesprochen,
hatte man unternommen, dem grossen Publikum zu
Dank, das seine eigne Art, Kunst zu geniefsen, darin
wiederfand. An die philosophischeren Köpfe wandten
sich andere, indem sie Böcklins Natursymbolismus
analysierten und für den Stimmungsgehalt seines
Kolorites die Formel suchten. Gewiss aber läfst sich
über einen Meister wie Böcklin noch viel mehr und
viel andres sagen. Kaum einer der Intimen des
Hauses hat das Wort ergriffen, keiner von denen,
die den Künstler in seiner Werkstatt sahen, ringend
mit dem Handwerklichen seiner Kunst, ein treuer
Schüler jener gewissenhaften Alten, deren ausge-
bildete Maltechnik er aus den Gemälden wie aus

den erhaltenen Rezeptbüchern zu ergründen strebte.
Oder die das Glück hatten, ihn auf den Spazier-
gängen in der florentinischen Landschaft zu begleiten,
wo er nie müde wurde, schauend seinen eigenen
Vorstellungsschatz zu bereichern und andre durch
klaren Hinweis auf das Charakteristische und
Typische zum künstlerischen Sehen anzuleiten.
Oder die bei den sonntäglichen Wanderungen durch
die Galerie der Uffizien aus der lebhaft ausge-
sprochenen Sympathie für gewisse Richtungen und
der leidenschaftlichen Ablehnung anderer nicht min-
der bedeutenden Erscheinungen die stolze Einseitig-
keit des schöpferischen Genies hervortreten sahen.
Oder die endlich mit dabei sein durften, wenn in
bescheidener Osteria beim roten Chianti Fragen der
Kunst verhandelt wurden und plötzlich ein in die
Diskussion geworfenes Wort hinableuchtete in die
unergründbaren Tiefen künstlerischer Konzeption.
Auch kein Künstler hat sich meines Wissens
unter denen befunden, die über ihn geschrieben.
So kam es, dafs über dem Dichter Böcklin der
Maler Böcklin etwas vernachlässigt wurde. Das ist
schade, ein Vorwurf soll damit aber nicht ausge-
sprochen sein. Denn es scheint in der Natur aller
Kunstschreiberei zu liegen, dafs sie über allgemeine

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