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von dem Aelteren zu intimem Verkehr herange-
zogen, eine Zeit lang ist er sogar sein Atelier-
genosse und hat das Glück aus dem neidlos er-
schlossenen Born einer reichen Erfahrung und eines
in seltenem Mafse durchgebildeten Kunstverstandes
schöpfen zu dürfen. Die Aufzeichnungen brechen
im August 1866 ab, da Böcklin schon Anfang Sep-
tember nach Basel übersiedelt. Erst im Herbste
des Jahres 1868 wurden sie wieder aufgenommen,
als Böcklin seinen jungen Freund, der bis dahin
in Rom geblieben war, auffordert, ihm bei der
Ausmalung der Treppenwände im Basler Museum
zu helfen, die ihm auf Jakob Burckhardts Veran-
lassung übertragen worden war. Die grofse Aufgabe,
vor die der Meister hier und bei den Fresken für das
Sarrasinsche Gartenhaus gestellt wird, bietet einen un-
versieglichen Anlafs für Erörterung der wichtigsten,
technischen und ästhetischen Fragen. Mit dem
7. August 1869 schliefsen Schicks Aufzeichnungen.
Unmittelbar darauf verläfst er Basel.

Die Erinnerung an Eckermann wurde durch
das liebevolle Aufgehen in dem Wesen eines
Gröfseren geweckt, das Schicks Tagebuchblätter
auszeichnet. Dafs diese aber für die Erkenntnis
Böcklins nicht die gleiche Bedeutung haben wie
die „Gespräche" für diejenige Goethes, ist nicht
seine Schuld. Es fehlt ihnen die abschliefsende
Bedeutung. Was Eckermann nachschreiben durfte,
das waren die abgeklärten Anschauungen eines
Lebens, das sich vollendet hatte, für das Sturm
und Drang in weiter Ferne lagen. Die paar Jahre
aber, für die wir Schicks Zeugnis haben, bilden nur
eine Episode in Böcklins Laufbahn. Es ist eine
schaffensfrohe, ergiebige Zeit, die durch die Bilder
der Schack-Galerie und die Basler Fresken charak-
terisiert wird, doch gehört sie noch in das erste
Drittel seiner Thätigkeit. Diesen Jahren folgen
dreifsig weitere Jahre einer rastlosen Arbeit und
Entwickelung. Des Meisters Meinungen über
Dinge und Personen mögen heute ruhiger und

leidenschaftsloser sein, als wie sie der Vierzigjährige
aussprach. Nicht minder hat sich seine Natur-
anschauung verändert. Seine koloristischen Probleme
sind andre, kühnere geworden. Am wenigsten
stabil blieben wohl die technischen Ansichten.
Ihre Wandelbarkeit fällt schon während der kurzen
Zeit auf, über die sich die Schicksche Bericht-
erstattung erstreckt. Der rege Forschergeist Böcklins,
sein eminent praktischer Sinn lassen ihn immer
neue Hülfsmittel, neue Verfahren aufspüren. Bis
in die letzte Zeit hat er nicht aufgehört die Mal-
mittel zu verbessern, die technische Prozedur zu
vervollkommnen, um sie seinen künstlerischen
Zwecken fügsam zu gestalten. Das darf nicht
aufser Augen gelassen werden bei der Beurteilung
oder gar der Benützung dieser Seite der Schickschen
Notizen. Auf dem überaus schwierigen und kom-
plizierten Gebiet mögen auch kleine Irrungen und
Mifsverständnisse des Berichterstatters nicht ganz
ausgeschlossen sein.

All diese Bedenken wurden nicht für hinreichend
erachtet, um von der Veröffentlichung der Tage-
buchblätter abzusehen. So zeitlich bedingt ihr
Wert immerhin ist, für die Charakterisierung der
künstlerischen Persönlichkeit des Basler Meisters
bilden sie ein unschätzbares Dokument. Den vollen
Nutzen dürfte freilich erst Böcklins künftiger Bio-
graph daraus ziehen, seine Aufgabe wird es sein,
dieses Material gewissenhaft an dem von andrer
Seite zuströmenden Material zu überprüfen. Manches
wird erst im Zusammenhalt mit sonstigen Aus-
sprüchen, wie mit der künstlerischen Bethätigung
Böcklins einen vollen Sinn ergeben, manches wird
auch wohl einen andern Sinn gewinnen. Die
grofsen Wesenszüge aber werden sicher jede Probe
bestehen, denn wenige Künstler lebten, die so un-
unbeirrt von äufseren Einflüssen jederzeit nur
sich selbst und sich selbst jederzeit so ganz gaben
wie Arnold Böcklin.

Hugo von Tschudi

\KNOLD BÖCKLIN, LANDSCHAFTSKIZZE <WW?CtfeQa<Ky?{»<ra?eß<»G'&ff<t<2>J*i>i^
 
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