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ARNOLD BÖCKLIN, FLÖTENDER SILEN, NACH EINEM ENTWURF AUS DEN SECHZIGER JAHREN (VERGL. SEITE 41) <W<»I«»J<3<WaO<K^W<W<»eO?/I<»30<W'ä»J»

TAGEBUCH-AUFZEICHNUNGEN UEBER
ARNOLD BOECKLIN VON RUD. SCHICK

AM 1. Dezember 1865 lernte ich Böcklin im Cafe Greco
/\zu Rom durch meinen ehemaligen Lehrer Professor
Schirmer aus Berlin kennen und wurde von ihm mit Freund-
lichkeit eingeladen, als er erfuhr, dass ich schon lange seine
Schöpfungen besonders verehrte und mir einmal aus Bewun-
derung eines seiner Bilder (Campagna, im Besitz von Friedr.
Voltz, München) kopiert hatte.

14. Januar 1866.
Als ich Böcklin das erste Mal in seinem Atelier (in der Via
del Babuino, gegenüber vom Vicolo degl'Incurabili) besuchte
malte er an dem schönen Bilde Daphnis und Amaryllis
(jetzt bei Schack), und hatte eben ein Bild für den'Grafen
Zepplin aus Baden vollendet: Kinder, an einem schilfigen
Uferrand sich Rohrflöten schneidend, das von erstaun-
licher Ausführung war. (Man sah durch das durchsichtige
Wasser den Grund und sogar die schwimmenden Frösche.)
— Ein kleines Kind (ganz nackt) macht Versuche auf einer
Rohrpfeife, die ihm der grössere Junge nebenan.geschnitzt
hat. Etwas weiter rechts, im Schilf: ein pfeifender Junge.
Reizend war die Schilfgruppe, von blühenden Winden um-
rankt; auf einem umgeknickten Rohr ein mitpfeifender
Fink. Hinten ein verriegeltes Gehöft.

Das zuerst genannte Bild (Daphnis) hatte er noch nicht
sehr weit durchmodelliert; die hohen Lichter der Modellation
fehlten noch. Infolgedessen hatte er auch die vorderen Blätter
und Pflanzen noch in einer nebelhaften Erscheinung gelassen
und meinte, wenn er in der Figur weiter modellierte, wäre
die Steigerung der Nachbarformen eine natürliche Folge.
Einzelne Stellen hatte er ausgeführt, und zwar schien es, als
wenn er zu jedem Teil Studien nach der Natur machte.

Als ich ihn über Temperauntermalung befragte, die
nach seinem Vorbilde auch Lenbach anwenden soll, erklärte
er mir dieses Verfahren folgendermafsen:

Mit Eiweifs und Honig oder Pergamentleim mufs die
Farbe ziemlich stark leimig gerieben werden, damit sie sich
kaum merklich verändert, wenn man Oelfarbe darüber bringt.
Die Temperafarbe hat nicht den Zweck, das Oel aufzusaugen,
sondern den, die Leuchtkraft der Farbe zu steigern.

Das Material veranlafst einen, seine Bilder nach dem
Hellen zu neigen, umgekehrt wie Oelfarbe veranlasst, tief zu
malen. Böcklin hatte auf seine Staffelei Farbenproben ge-
strichen, da war die gröfsere Leuchtkraft der Temperafarben
sehr auffallend, besonders bei Zinnober.

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