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Die Schiefertafel (fast ix/a Fufs hoch und z Fufs breit,
über %" dick) hat Böcklin mit 9 paoli (41/ Mark) bezahlt;
sie darauf aber noch einmal selbst schleifen müssen.

Technisches.

Vor dem Uebermalen reibt Böcklin jedesmal den Grund
mit Kopaivabalsam und Oel an. (Zu etwa 2 — 3 Efslüffel
dieser Mischung thut er dann 4—5 Tropfen Siccativ de
Courtray zum schnelleren Auftrocknen hinzu.) Kopaiva-
balsam hat die Eigenschaft, die obere und untere Farbe zu
durchdringen und stellt dadurch eine innigere Vereinigung
beider her.

Einmal hatte Böcklin aber eine ganz hartgetrocknete Stelle
damit überzogen, um eine Lasur darauf zu malen. Der
Balsam wollte jedoch nicht in den Grund einziehen und die
Farbe krümelte zusammen. Böcklin kratzte darauf zweimal
die Farbe ab und griff auch die untere Lage mit dem Messer
an, aber die darüber lasierte Farbe krümelte von neuem.

Ein römischer Maler Pannini hat im vorigen Jahre eine
Erfindung gemacht, mit Ambra zu malen, der in flüchtigem
Oel (als Vermittlungsstoff) aufgelöst ist. Die Farbe trocknet
auf der Palette augenblicklich an, setzt aber keine Haut und
kann (sie bekommt käsige Qualität) deshalb sogleich wieder
mit derselben Essenz verdünnt werden. Auf dem Bilde schlägt
sie nie ein, sondern behält stets einen sanften Glanz. Böcklin
hat auch schon mit flüchtigen Oelen Versuche angestellt
(wohl Harze als Malmittel aufzulösen) und eine Zeitlang
sogar mit Petroleum gemalt. Das schien ihm anfangs ganz
praktisch. Später merkte er aber, dafs das Petroleum niemals
trocknet, sondern beim Trocknen des Bildes ausgestofsen
wird und wie Schweifs auf der Oelfläche sitzt.

Neulich versuchte Böcklin Schlämmkreide und Oel (oder
Firnifs) als Medium zu brauchen. Erstere verliert nämlich
mit einer Flüssigkeit ganz die weifse Körperhaftigkeit und
wird durchsichtig. Dieses Bindemittel ist sehr nützlich zum
gleichmäfsigen Ausbreiten der Farben. Böcklin schlug es
auch für den Zweck vor, Löcher oder zu rauhes Fadenkorn
in der Malerei zu gleichmäfsiger Fläche auszufüllen. Weil
es bei seiner grofsen Durchsichtigkeit die bestehende Malerei
nur unwesentlich verändert, hat man dann bald die Störung

überwunden.

Nach Pettenkofer reifst Kopaivabalsam nie (unwahr!),
während Kopal schon bald reifst. Diese Risse sind ganz
klein und wurden bisher für Schimmel gehalten, den feuchtes
Klima oder feuchte Witterung verursachte.

Indem Böcklin von Farben sprach, zeigte er mir das in-
teressante Experiment, wie Deckgrün und Zinnober gemischt
— anstatt einer Farbe von mittlerer Valeur — eine viel dunk-
lere Mischung ergeben. Er könnte sich das noch nicht ganz
erklären. Eine chemische Veränderung wäre es nicht, denn
durch das Mikroskop sehend, könne man noch deutlich die
verschiedenen Farbenkürperchen neben einander erkennen.
Die Veränderung könne also nur eine optische sein. Aehn-
liche Erscheinung giebt gelber Ultramarin, auch bleu de Seine
(Kupferoxyd) und Zinnober.

Betrachtet man im Bilde die eingeschlagenen Stellen
durch das Mikroskop, so sieht man, dafs diese Erscheinung
nur von der stumpf gewordenen Oberfläche herrührt: die
Farbenteilchen stehen krümlich oder gleichsam staubig auf
der Bildfl'äche. Es gilt nun blofs, ein Mittel zu finden, um

die Glätte der Oberfläche gleichmäfsig wiederherzustellen;
das thut denn für den Moment schon Wasser. Solchen
Ueberzug herzustellen hat Böcklin nun die mannigfaltigsten
Versuche gemacht, so z. B. Wachs in Oel aufgelöst; dann
Kopaivabalsam mit dem stearinartigen Sparmazeta (Wall-
fischhirntalg), Wachs etc.

Ein ital. Werk vom Ende des XVI. Jahrhunderts (Arme-
nino,Trattato della pittura — Zeitgenosse Tintorettos) giebt
manche Aufzeichnung über die Malweise der Alten. Böcklin
las mir einige Proben daraus vor. Sie haben viel auf ihr
Farbenmaterial gegeben, sich die Pinsel sogar selbst gemacht
und die Farben äufserst fein gerieben.

Auch Böcklin reibt sich die Farben, wenn sie ihm nicht
fein genug gerieben sind, noch einmal vorm Gebrauch und
behauptet, je feiner eine Farbe gerieben sei, desto weniger
würde sie einschlagen, denn die beim Trocknen zurück-
gelassene Oberfläche wird weniger rauh sein.

Heute verlange man in Betreff der naturwahren Ausfüh-
rung mehr als früher. Die skizzierende Art eines Paolo
Veronese genüge nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Auch den Leinwandgrund hat Böcklin sich selbst zuzu-
bereiten versucht. Die Leinwand mufs dann erst leicht mit
Leim überzogen werden, damit die Farbe nicht einschlägt.
Ist ein Gipsgrund zu stark, so möge man erst die ganze Lein-
wand nafsmachen und dann mit dem Spatel das Ueberflüssige
bis auf den Faden abkratzen, so dafs der Grund nur in den
Poren sitzt.

Die Gröfse eines Bildes müsse sich nach dem Atelier richten.
Böcklins Daphnis hätte für sein kleines Atelier noch so grade
eine passende Gröfse.

4. Mai 66.

Böcklin bei mir. Man hätte zur Ausbildung gar keinen
Meister oder den Rat anderer Künstler nötig, wenn man sich
nur in der Natur immer Rechenschaft davon gäbe, warum
etwas schön auf einen wirke.

Auch das viele Naturstudienarbeiten ist nicht bedeutend
förderlich. Er glaube nicht, dafs Tizian je mit dem Feldstuhl
hinausgegangen sei. Die Alten haben fast stets nur den Ein-
druck aus sich herausgemalt; und das macht ihre Darstellungen,
obwohl von studienhafter Treue meist nicht die Rede ist,
so ungemein interessant.

7. Mai 66.

Bei Böcklin, der seinen Idealkopf mit dem grünen Schleier
(er nannte das Bild „Viola") und seinen Daphnis und Ama-
ryllis reizend vollendet hat. Die Viola hat jetzt einen schönen
Dämmerton, wie ein Kopf in einem Zimmer wirkt, wo dichte
Gardinen viel Licht nehmen.

Der Goldrahmen zu diesem Bilde ist 5 — 6" breit, in der
Mitte flach mit dunkelgoldenen leichten Blättern, die dadurch
entstanden sind, dass sie poliert auf körnig oder porig ge-
machtem Grund stehen. — Das Gold war Böcklin ein klein
wenig zu rötlich ausgefallen.

Wieder bei Böcklin. Er sprach davon, wie jede Farben-
stimmung ihren Charakter habe; so wirke z. B. Schwarz,

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