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gesetzten Seite durch das Blatt Papier eingeführt, auf das
Petrarka schreibt.

Das Bild ist fast mit Kernschwarz (und wenig Grün)
angelegt, dem sein violetter Ton durch das Violett der Figur,
der grünliche aber durch die grüne "Wiese genommen ist.

Sehr anziehend ist, wie das Auge überall veranlafst wird,
herumzuklettem über die Erika und Weinrebe und über die
kleine Grasfläche des Felsstücks dahinter auf die Wiese und
in die Ferne.

Sehr schön sind auch die Formen; wie die geschwungene
Linie des Stammes gewissermafsen versprüht und sich fortsetzt
in den schwankenden Blütenstengeln und wie dem Schwung
dieser der Weinstock mit seiner Blattrichtung und dürren
Reben entgegenhängt, der grofse Busch dagegen wieder in die
Ferne hinausstrebt. Die Busch- und Stammrichtung strebt
hier im allgemeinen, wie auch in der Natur, dem Lichte zu.

Der grofse Busch in der Mitte (über zwei Fufs grofs),
meinte Bücklin, sei nur schwer interessant zu machen. Es
ginge dies nur durch kleine Sachen, die darüberrankenu.s.w.

Ich bewunderte Bücklins Naturkenntnis und mit welcher
Richtigkeit und Sicherheit er die Pflanzen selbst bei der Unter-
malung schon gezeichnet hatte. Da meinte er, er erfinde sie
meistens; das sei keineswegs schwer, wenn man sein Gefühl
dafür geübt habe. Es sei ihm vorgekommen, dafs er Blumen
(in gewisser Ahnung) erfunden habe. Nachher sei ihm von
Blumenkennern gesagt worden, das sei diese oder jene Pflanze,
von welcher er im Leben nichts gesehen hatte.

Die Felswand rechts brauche nicht besonders gegliedert
zu sein, wenn man nur mit perspektivischem Sinn ihr Zurück-
weichen ausdrücken könne und das thun die feuchten vio-
letten Streifen, die sich zwischen kaltgrünen (deckgrünen),
Flechten (oder Streifen) die Wand hinunterziehen.

Nachdem wir am Abend mit den Arbeiten abgeschlossen
hatten, gingen wir zum Thor hinaus nach der Vigne al
Chiavetto, in der Nähe von Ponte molle, wo wir mit anderen
Künstlern zusammentrafen. Unterwegs erzählte Böcklin aus
seinem Leben: wie er nach der akademischen Zeit in
Düsseldorf, eine Zeitlang in Belgien (Brüssel) gewesen, wie
ihn sein Vater zwingen wollte, seine thörichten Jugendpläne
aufzugeben, und wie er dann seine Vaterstadt mit ein paar
Gulden in der Tasche verlassen habe, um in Rom sein Glück

zu versuchen.

Im März 1850 kam er hier an. Er erzählte von den
ersten Eindrücken; wie er in der Postkutsche zur Porta dei
Cavalieri hereinkam und in der trüben Mondnacht hinter den
Säulenhallen am Petersplatz vorbeifuhr und durch die Säulen-
stellungen die Fontainen sprudeln sah.

Zwei Jahre darauf hatte er geheiratet und wurde nun
von seiner Familie „wegen seiner dummen Streiche" ganz auf-
gegeben. — Später war er erst einmal ein halbes Jahr daheim,1
dann von 1857 bis 186z in der Schweiz und Deutschland.

Z5. Mai 66.

(Zur Viola: Ueber Frauenschultern).

Böcklin meinte, bei einem nicht mageren Frauenzimmer

Der halbjährige Aufenthalt in Basel: 1852, die Heirat: 1853.

verschwindet bei der Wendung der Sternocleidomastoideus
und es lagert sich über seinen Rand eine Fettmasse. Die
Halsgrube auf dieser Seite verschwindet und ist nur auf der
anderen Seite durch den angespannten Sternocleidomast-
oideus sichtbar. Bei seinem „Modell" für diesen Idealkopf
war dann in der Gegend des Kropfes noch eine Querfalte und
der Hals im Ganzen sonderte sich in bestimmter Fläche von
den Schultern. Schulterlinie und Deltamuskel bildeten eine
schwach geschwungene Linie. Schulter, Oberteil der Brust,
von der Warze aufwärts bildeten eine Fläche, die keine
Spur des Schlüsselbeins zeigte, kaum war ein ganz schwacher
Unterschied der Schulterfläche von der Fläche der Brust be-
merkbar. Nach der Achselhöhle ging die Brust knapp
herum.

16. Mai 66.

Als ich Böcklin besuchte, hatte er sich für sein
Daphnis-Bild einen provisorischen Rahmen gemacht, d. h.
eine schräge fünfzöllige Fläche, die er sich mit Schaumgold
vergoldete. Infolgedessen liefs die Wirkung des Bildes an
manchen Stellen nach, andere erschienen zu hell und mufsten
mit Beinschwarz lasiert werden. Noch andere mufsten in
der Zeichnung verstärkt werden (Krug etc.); und das ver-
langten besonders gewisse Stellen (die Köpfe, der Krug etc.),
die — in gehöriger Distanz von einander — die sprechendsten
im Bilde waren. Diese Dreizahl der Gruppierung geht schliefs-
lich fast durch alle Hauptsachen im Bilde: durch Hauptlichter,
Hauptfarben und Hauptformen. So ist z. B. dieses Bild derart
gruppiert: die weifse Luft, Luftdurchblick in der Höhle und
die weifse Milch. Ferner spricht sich in den drei Hauptstellen:
dem flötenden Kopf des Daphnis, dem zuhörenden der Nymphe
und links unten in den Geschenken die Idee des Bildes aus.

So auch beim Petrarkabilde: der obere Teil Petrarkas,
links das reflektierende Wasser und das Licht über der Ferne.

Böcklin bemerkte zu Obigem noch: da die Köpfe rund
sind, so dürfte auch der dritte Hauptpunkt (Krug und Früchte)
keine andere Form als eine runde haben. Für den Krug
konnte er keine Vase kopieren, sondern mufste eine Form
selbst erfinden (nämlich einen schwarzen Thonkrug, auf den
mit Wachsfarben gelb auf rotem Grund mit schwarzen
Konturen Figuren gemalt sind, welche Krüge nach alten
Schriftstellern in Griechenland im Gebrauch waren, von denen
aber kein Beispiel erhalten ist). Es war Böcklin schwer ge-
worden, die Malerei flach erscheinen zu lassen, indem man
immer dazu neigt, sie perspektifisch zu zeichnen.

Böcklin äufserte bei diesem Bilde: es sei wohl gut, von
Zeit zu Zeit direkt von der Natur etwas auf das Bild zu
bringen; man müfste es aber nachher aus dem Kopf nach
Gutdünken verderben und seiner Idee anbequemen.

Das Monogramm auf Bildern mufs, je nach dem
Charakter und der Grofse des Bildes, sowie nach der Stelle,
wo es hinkommt, einen anderen Charakter bekommen, Druck-
schrift einmal, Handschrift das andre Mal, bald hell, bald
dunkel und in den Farben verschieden. Bei der Viola war
es rechts oben in mattgoldener Druckschrift angebracht, beim
Daphnis rechts unten mit schwarzer Handschrift (lateinisch)
auf das Wasser geschrieben.

Böcklin hatte in Drittel-Gröfse ein kleines Brustbild-
p ort rät auf falbgelb lasiertem Grund, in warm schwarz-
grauem Kleide begonnen und es jetzt so verändert, dafs es

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