Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hatten auf ihren Strohhüten deckgrüne Schleifen, was dem
blonden Teint sehr gut stand, den brünetten aber etwas zu
bläulich erscheinen liefs (nach Bücklins Aeufserung, die ich
nicht recht verstand).

Es ist höchst anregend, mit Böcklin spazieren zu gehen.
Er beobachtet fortwährend und weifs aus allen Beobachtungen
die geistvollsten Folgerungen zu ziehen. Er äufserte sich
einmal über das Studieren der Natur: Oft gehe man in der
Natur zwischen Steinen, Bäumen und Büschen umher, ohne
etwas zu finden, das wert wäre, gezeichnet zu werden, und
plötzlich werde man durch eine Kleinigkeit (einen Busch,
der gegen die Luft steht oder dergl.) überrascht. "Wenn man
sich dann fragt: woher kommt es, dafs man sich hier sagen
mufs: das ist so schön, wie man es sich zum Bilde nur wün-
schen kann, so wird man durch die Lösung einer solchen
Frage mehr lernen, als durch vieles Studienzeichnen.

Als wir Mitte Mai einmal nach der Arbeit zur Porta del
Popolo hinausgingen, bewunderte er rechts die Tufffelsen mit
den kurzanschliefsenden Büschen und machte mich auf das rot-
blühende zierliche Löwenmaul und Hauslaub auf den Mauern
aufmerksam. "Weiterhin bei der Vigne des Michele war auf
der linken Seite des "Weges ein blühender Granatbusch mit
weifsen und rosa Rosen durchwachsen, deren Blätter, auch
etwas länglich, von dem Granatlaub schwer zu unterscheiden
sind. Rechts auf dem Felsen die dunkeln festen Cypressen,
daneben (höchst graziös und leicht) junge schlanke Bäum-
chen. Ein schönes Motiv war ihm zerstört: feste, grofse
Oleanderbüsche, aus denen zierlich eine kleine "Weinlaube
heraussah.

ARNOLD BÖCKLIN, FRANZ VON LRNBACH

NACH EINER ORIGINALSKIZZE IM BESITZE DES FREIHERRN VON HEYL

31. Mai 66

besuchte ich Böcklin und zeigte ihm mein Fragment
antiker Malerei, das ich bei Prima Porta gefunden. —
Böcklin meinte, es sei vielleicht mit Leimfarben auf schwarzen
Freskogrund gemalt. — Späterer Zusatz: (Später 1868/69
erkannte Böcklin es jedoch als reines Fresko.)

Böcklin widersprach damit Pettenkofer, der behauptet
hat, dafs sowohl Leim- als Oelfarben unhaltbar seien, wenn
Veränderungen im Oel, im Firnifs oder Leim vor sich gehen;
seltener kommen solche im Farbstoff vor. Die schlagendsten
Beispiele könnten seine Meinung nicht verändern, dafs die
pompejanischen Malereien reines Fresko wären.

Späterer Zusatz: Als Böcklin später selbst Fresken
malte, erkannte er die Richtigkeit dieser Behauptung an.

*
Späterer Zusatz: 1. Juni 66 gab ich mein Atelier
auf und teilte mit Böcklin das seinige in Via del Babuino.
9. Juni Abends zogen wir in das frühere Lehmannsche in Via
Margutta.

2. Juni 66.

Böcklin: Es ist ratsam, den stärksten Kontrast von Licht
und Schatten nicht auf Hauptsachen, sondern auf unter-
geordnete Dinge zu verlegen. Hier liege der Fehler der meisten
Bilder.

Böcklin malt seine Lüfte fast stets mit (selbstbereitetem)
Ultramarin. Hat man in der Luft, die doch fern ist, eine
starke Farbe, so bleibt keine Farbkraft für vordere Gegenstände.

9. Juni 66.

Böcklin hatte an Jemand, der ihm auf eine vorzulegende
Skizze hin ein Bild bestellen wollte (ich glaube Merian in
Basel), drei Entwürfe zur Auswahl geschickt.

1. Ein fast nackter brauner Hirtenknabe sitzt flötend
auf einem Felsen gegen die tief mittägliche blaugraue Luft,
während rechts vorn auf einer grünen "Wiese ein Mädchen
(dunkles Kleid und rötlich braune Haare, mit Blumenkorb)
Blumen pflückt.r

Disposition: Links oben dunkelblaugraue Luft, davor der
braunrote Körper (weissgraue Hosen) und braune Moose;
grauer Felsen. Rechts unten gelbgrüne "Wiese mit Büschen
von gleicher Farbe (die wenig Zeichnung haben). Das Mäd-
chen in dunkelblauem Kleide, farbiger als die Luft, um diese
zu neutralisieren. Das "Warm der linken Hälfte ist im Haar
wiederholt. Zarter Teint; schwarzer Korb mit violetten
Blumen. Dabei eine Gruppe der mannigfaltigsten Blumen und
ein wenig "Wasser, das Veranlassung zu dieser Ueppigkeit ge-
geben. Das Kleid des Mädchens geht bis zur Brust; dann ist ein
durchsichtiges Hemdchen sichtbar, das auch die Aermel bildet.

Gemalt auf Papier mit Wasserfarbe und leichtem Binde-
mittel (Leim, Gummi oder dergl.; nur nicht Honig in
Tempera brauchen, da er nie trocknet). Einzelnes, alles Nackte
fast, mit Deckfarben. Dann ist diese Aquarelle mit geschmol-
zenem "Wachs Überzogen; später nochmals erwärmt und mit
einem reinen Lappen poliert. Der Grund ist dunkelgrünlich-
graues Tonpapier.

1 Vgl. hierzu die Abbildung Seire 5 dieses Heftes, nach dem
Original im Besitz des Freiherrn von Heyl.

C 40 3
 
Annotationen