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W. VOLZ, TRINKENDE FAUNE

(AUS: MOPSUS)

GEDICHTE

VON HANS BENZMANN

VOM RITTER DER SUCHTE

Der Ritter ritt durch den Sommerwald.
„Herr, meine Sehnsucht wird nicht alt,

hilf meinen jungen Jahren!" —
Er suchte was in seinem Sinn,
das trieb ihn rastlos her und hin,

er könnt es nicht erfahren . . .

Vom Sattel gleiten Helm und Schild,
schon kniet er vor dem süfsen Bild:

„Nun hab ich dich gefunden!
du meiner Seele süfse Ruh,
o meine geliebte Liebe du,

nun will ich ganz gesunden" . .

„Sieh, Knappe," rief der Rittersmann,
„dort geht der Heiland durch den Tann!"

Sie neigten sich im Bügel
und ritten weiter wie im Traum,
das Röfslein spürt den Reiter kaum —

da hemmt der Knecht den Zügel:

Der Knappe murmelt in den Bart:
das ist ja Friedeis Hildegard —

doch hat er schlau geschwiegen,
er that, als war er gar nicht da,
als er die beiden plötzlich sah

sich in den Armen liegen.

„Seht, Herr, dort über die blühende Au
geht segnend unsre liebe Frau!"

Der Ritter fährt aus Träumen —
er sieht den Sonnenschein im Wald,
er sieht die lieblichste Gestalt

lustwandeln unter den Bäumen.

Der Ritter hebt sie auf sein Rofs
und führt sie auf sein stolzes Schlofs,

hat fröhlich dabei gesungen —
Er war, nun meld ichs euch bei Zeit,
Herr Walter von der Vogelweid,

der hat sich selig gesungen . . .

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