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"Wein und Winden, auch Epheu) ungemeinen Reiz. Das
Bosko, eine kleine dichte Baumgruppe in der Nähe, hatte
durch den zitternden Sommerduft davor schönen duftigenTon.

Böcklin machte mich auf den grofsen Farben umfang
dieser Stelle (von der Luft an, über dem sehr unterschiedenen
Berg, über die Hügel, die Wiese bis zu den dürren braun-
gelben Halmen mit roten Mohnblumen des Vordergrundes)
aufmerksam. Er hob eine blafsrote Mohnblume auf, hielt
sie gegen diese Töne und bewunderte die schöne Harmonie
zu allen Farben und meinte, wie schön sich ein Seidenkleid
von dieser Farbe hier ausnehmen würde.

Wir zeichneten darauf beim Turm am Bach Lattich. Dann
afsen wir Mittag in einer Campagnaosteria an der Strafse
nach Albano und hielten auf den Tischen Mittagsruhe.
Am Nachmittag wieder zu den Lattichblättern am Bach. —
Böcklin sagte sehr richtig, wie es doch eigentlich recht un-
klug wäre, so Vieles anzusehen. Wenn man dieser Blätter
wegen allein hinausginge und diese recht studierte und be-
obachtete, würde man mit viel bleibenderen Eindrücken
heimkehren.

Nachdem wir hier ein zweites Bad genommen, kehrten
wir über das braune Stoppelfeld und am Bacchustempel vorbei
bei Sonnenuntergang heim. Auf der Landstrafse trafen wir
die Maler Lindemann-Frommel und Benouville, die per
Kutsche vom Studienmalen heimkehrten und nahmen gern
ihr Anerbieten, mit ihnen heimzufahren, an, denn die Mauern
strahlten eine Hitze aus wie Backöfen.

11. Juli 66.

Böcklin war von dem gestrigen Spaziergang nach Val
d'Egeria sehr angeregt und brachte heute sein Bild bedeutend
vorwärts. Er malte rechts die grofsen Huflattichblätter,
die als gröfste Pflanzen und an der vordersten Stelle viel zur
plastischen Wirkung des Bildes beitragen. Dann, dem
Schilfgehänge von links entgegenstrebend, malte er schwung-
voll überhängende Pflanzen mit violetten Blüten, über die
weifsblühendes Gaisblatt klettert. Dieses Blütengehänge über
der Quelle hat (besonders bei der Dämmerstimmung im
Bilde) etwas Märchenhaftes und Melancholisches.

Böcklin meinte, wenn man hinauskommt in die Natur,
lernt man fast stets einsehen, dafs Schlingpflanzen und der-
gleichen viel massiger auftreten und dafs man solche Pflanzen
fast immer zu dünn malt. Alles im Bilde erschiene ihm
dürftig, schwächlich und unwirksam, wenn er an den präch-
tigen Lattich von gestern zurückdenke, wo er sich immer
staunend sagen mufste: „Donnerwetter, ist das eine schöne,
stattliche Pflanze 1«

12. Juli 66.

Als wir von der Kneipe (bei P. Navona) zurückkommend,
bei Bilderläden in Via Condotti vorbeigingen, erzählte mir
Böcklin, er habe manchmal, um sich in Zeit der Not Geld

schkcW ^ aUCh fÜr S°khe Händler Semalt Sie bezahlen
• u? l r. IJ scud*)- Man könne aber, wenn man vor-
sicnt.g anfängt, fast in einem halben Tag solch Bild malen.
Man müsse nur mit einer grauen (nach Umständen vielleicht
grunhchgrau } Untermalung beginnen und dazu die Ueber-

kön^r TZUng deS Grundes einrichten- Niemand
sei So ZT nacWeiSen' ob ^s dann Grund oder gemalt

einmal ntZ *$•**?%? *" F°rUm malen müssen> als
er einmal notwendig Geld brauchte.

13. Juli 66.

Böcklin hat nun die Lattichblätter gemalt, eine wunder-
volle Gruppe, klagte aber, dafs er selbst mit starken Farben
nicht das prächtige Grün erzielen könne. Sie seien bei ihm
immer noch grauer, als die grünmoosige Felswand. Das
Hindernis läge wahrscheinlich in dem violettgrauroten Ge-
wand, neben dem die Blätter zu bräunlich erschienen. ^ Er
wolle aber jetzt auf die untere Hälfte der Figur mehr Licht
fallen lassen, so dafs nur der obere Teil Dämmerton behalte.
Neben reinerem Rot würde dann wohl das Grün richtig sein.

Da die Blätter, obwohl in schönem Verhältnis zur Figur,
ihrem natürlichen Mafse nach zu klein waren, so rückte
Böcklin die Figur weiter vor, indem er sie auf einer höheren
Platte stehend malte, wodurch er
mehr Raum für den hinteren Wasser- ^ lllll 'jl —v
spiegel gewann. Durch diesen gröfse- /? /VT ^^
ren Abstand war nun auch das Ver- f^^jl LA^~
hältnis der Blätter zur Figur richtig iC">\_ _J-^?^
geworden.

Sonderbar, dafs sich die ersten Oelbilder Eyck und die
Altdeutschen, auch Holbein, am besten gehalten haben.
Böcklin meint, sie hätten erst schwach modellierend an-
gefangen und dann fast nur durch Lasuren das Bild zu
diesem tiefen Farbton gebracht.

16. Juli 66.

Böcklins Bild schreitet, obwohl er durch Krankheit seiner
Kinder sehr gehemmt wird, schnell vorwärts.

Heute malte er die feuchten Streifen, die sich an
der Felswand herunterziehen, als dunkelbräunlich feuchte
Streifen, in deren Mitte die frischgrünen feuchten Schlamm-
fäden herunterhängen. Auch seitwärts von den dunkeln
Streifen ist die graue Wand mit feinem frischem Grün be-
kleidet ; eine Farbe, die ungemein frisch und reizend aus-
sieht, weil die feuchten Streifen aus dürr und fahl überhängen-
dem graugrünem Gras herabfliefsen, sodafs die, schon durch
das lasierende Wasser erhöhte Farbe, durch den Kontrast
noch frischer erscheint.

Böcklin meinte, er müsse nun braunroten Lack an-
schaffen. Denn Lackfarbe frisch (aber sparsam) aufgetragen
(z. B. auf den feuchten Streifen), hat in der Erscheinung
stets etwas ungemein Nasses, was nie verschwindet.

19. Juli 66.

Bei Gelegenheit des Huflattichs, dessen Blätter Böcklin
sehr schön in der Linie gruppiert hat, äufserte Böcklin: Bei
jeder Linie, die man malt, müsse man zugleich an die Gegen-
linie und die Gegenrichtung denken.

Böcklin malte den Vorgrund rechts unten. Untermalung:
mausgrau (d. h.: Kernschwarz, Weifs und etwas Grün) und
weifslichgrau, dann überging er die grauen Stellen ziemlich
warm (bräunlichgelb) und nachdem dies etwas angezogen
hatte, mit einem lichteren graueren Ton (das Moos damit
etwas zeichnend) und malte einige Pflanzen hinein, die im
Moos wachsen. So bei a) (vgl. die Skizze nebenan) jene
feuerroten Blättchen, die man an ihren feuchten Plätzen
gewöhnlich für Blumen hält, dann b) die plattwachsenden

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