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Butterblumenblätter, die,

wie Böcklin es hier gemalt

hat, auch an senkrechten

Flächen wachsen. Endlich

(bei c)unter Blättergruppen,

die cichorienartig wachsen,

d. h. um einen Punkt, und

hier an der senkrechten

Fläche überhängen. Das

Lattichblatt x will Böcklin

grün malen und das Grün

dann durch graue Blätter und weifse Blüten mildern.

Den Dichter hatte Böcklin dadurch näher gebracht, dafs

er unter seine Füfse eine Steinplatte malte und dadurch

den Boden nach hinten zurückdrückte. Die Platte erschien

aber stets als Plinthe und der Kontur wirkte eben so hart,

als der der roten Beine. Es wäre aber unrichtig, eine andere

Form so sprechen zu lassen, wie den Fufs. Böcklin wird

daher Gras dahin malen, das im Kontur nicht so hart und

wesentlich (körperhaft) wirkt.

Senkrechte Linien hinter einer Figur sind immer

vorteilhaft, da die geringste, feinste Bewegung sprechend

und bedeutungsvoll wirkt, während sie zwischen bewegten

Formen befangen oder gar steif aussehen würde.

So hat Böcklin die Figur des Dichters (in fast gerader
Stellung mit fast senkrechten Falten) zwischen Senkrechte
gestellt, wodurch sie immer lebensvoll aussehen wird.

Besonders günstig sei es auch, bei Porträts Senkrechte
anzubringen, wodurch die leiseste Bewegung im Kopf zur
Geltung kommt. Der Schatten, den die Figur auf den Stein
wirft (schwacher Halbschatten) mufs ziemlich zuletzt gemalt
werden, da jede Veränderung im roten Gewand ihn wieder
falsch macht.

Die Felswand, sowie die Steine (auch den, auf den
sich Petrarka stützt), hat Böcklin in einfachen Flächen gemalt
und durch Moos u. dgl. Leben hineingebracht. Böcklin
meinte, das Gliedern der Steine mache sich fast nie gut, und
Kalkfelsen seien darum kaum zu malen.

Der Schatten mufs einfach und frischgrün erscheinen,
und danach sei der Vordergrund einzurichten. Der grofse
Stein stimmt schon sehr gut mit seiner weifsgelbvoiletten
Moosfarbe gegen das dunkelfrische Grün beim herabrieselnden
Wasser an der Felswand.

Der Boden mufs dunkel erdfarben scharf gegen die Steine
stofsen und nur vielleicht durch ein paar hellgelbe herab-
gefallene Blätter belebt werden.

Rechts herunter am Rand des Bildes (und vorkommend)
will Böcklin Waldrebe malen, die mit ihren spielenden
Blättchen und Blüten den Lattich unten zu grofsen Pflanzen
macht.

Farbenkomposition. Weifs, Rot und Grün sei immer
eine gute Farbenkomposition. Es bleiben einem dabei immer
noch Mittel übrig.

Böcklin sagte ein anderes Mal, zwei Farben seien immer
harmonisch. Erst wenn die dritte dazutritt, kann es ein
Mifsklang werden, wie in der Musik.

Bei leuchtenden Farben spricht Zeichnung und Model-
lierung nicht sehr. So auch umgekehrt: Eine Farbe ist

leuchtend, wenn die Zeichnung darin nicht sehr spricht, —
das Leuchten verliert bei zu starker Formendurchbildung.

So z. B. sieht man in einem weifsen Hemd wenig,
während man im Kopf daneben alle Formen stark modelliert
sieht.

21. Juli 66.
Die erste Villa am Meer bei Schack (die dunklere)
hatte Böcklin mit Weihrauch und Sandrog gemalt, die mit
Wasser vermischt in die Farbe verrieben wurden. Nach
Vollendung des Bildes tränkte er es mit geschmolzenem
Wachs, das sogleich eindrang und mit einem Lappen ver-
rieben oder poliert wurde, wodurch es einen sanften Glanz
und eine schöne Qualität erhielt. Böcklin konnte nicht
begreifen, dafs bei diesem Bild etwas abspringen konnte,
denn eine kleine Probe, die er zur gleichen Zeit gemalt und
stets in seinem Zimmer hängen hatte, hat sich vortrefflich
erhalten (seine Frau, in schwarzem Schleier und auf gelb-
blondem Grund).

Böcklin wurde durch eine Schrift von Didier über
Harze und Oele zu diesen Studien angeregt, die er (jetzt
durch Schack gehindert) später fortsetzen will.

Böcklin hat die Ansicht, dafs wie auf die Musik das
Klavier, so auf die Kunst das Oelmalen einen grofsen
einseitigen, in mancher Beziehung sogar verflachenden Ein-
flufs ausgeübt habe. Seit Erfindung der Oelmalerei hat diese
auf Kunstansichten und Kunstgeschmack wesentlich ver-
ändernd gewirkt. So macht z. B. das lasierende Verfahren
beim Oelmalen eine lange vorbereitende Manipulation nötig,
die bei anderen Malweisen abgekürzt wird. Das erwähnte
Bildchen seiner Frau hat Böcklin in einer Stunde gemalt und
mit Wachs überzogen, also vollständig fertig gemacht.

23. Juli 66.

Von dieser Harzmalerei des Schackschen Iphigenia-
bildes (Villa am Meer; Böcklin hat sich in der Trauernden
den letzten Sprofs einer alten Familie gedacht) erzählte
Böcklin mir noch folgendes:

Die Farbstoffe werden mit Weihrauch und Sandrog ver-
mittelst Wasser auf den Reibstein gerieben. Sie werden teils
pastos (meistens), teils lasierend verwendet und man kann sie,
so lange die Farbe noch feucht ist, nach Belieben mit Wasser
verdünnen, auch nach Belieben mit allen Farben lasierend
oder deckend verfahren. Ist die Farbe auf der Palette aber
einmal angetrocknet, so wird sie steinhart. So auch auf dem
Bilde und zwar so hart, wie auf einem alten Bilde, weil alle
Feuchtigkeit schnell entflieht, während ein Oelbild sie noch
viele Jahre hält. Je dicker man malt, desto mehr schlägt die
Farbe ein, darum feuchtet man das Bild von hinten oder
von vorn mit Wasser wieder an, wodurch es feucht und
frisch heraustritt und die Farbe, die man daraufmalt, immer
in Harmonie bleibt. Die getrocknete Oberfläche sieht, wie
auch bei einem ausgetrockneten Oelbilde porös, wie Bimsstein
aus. Ist mit der Zeit schon viel Farbe auf das Bild gekommen,
so nehme man sich in Acht, feuchte hinten und vorn das
Bild an und warte eine Weile; denn das Wasser würde von
hinten nur die unterste Schicht Farbe auflösen und die obere
würde sich darauf schieben.

Wie oben gesagt, erwärmt man, nachdem alles vollendet,
das Bild vermittelst einer Röhre aus einem Kohlenfeuer,

C "3 D

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