Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DER SCHATTEN

NACH R. L. STEVENSON

Ich hab einen kleinen Schatten, der geht wohin ich geh;

aber wozu ich ihn habe, ist mehr als ich versteh.

Er ist ganz ebenso wie ich, nur nicht ganz so schwer;

und wenn ich in mein Bettchen hüpfe, dann hüpft er vor mir her.

Das Sonderbarste an ihm ist, wie er sich anders macht;
garnicht wie artige Kinder thun, hübsch alles mit Bedacht.
Nein, manchmal springt er schneller hoch, als mein Gummimann;
und manchmal macht er sich so klein, dafs Keiner ihn finden jkann.

Neulich ganz früh, da stand ich auf, noch eh die Sonne schien,
und ging spazieren durch das Gras, im Tau, und suchte ihn.
Aber mein kleiner fauler Schatten, als ob er Schnupfen hätt,
lag wie ein altes Murmeltier noch fest im Bett.

DIE SCHAUKEL

Auf meiner Schaukel in die Höh,
was kann es Schöneres geben!
So hoch, so weitl Die ganze Chaussee
und alle Häuser schweben.

Weit über die Gärten hoch, juchhee,
ich lasse mich fliegen, fliegen;
und Alles sieht man, Wald und See,
ganz anders stehn und liegen.

Hoch in die Höh! Mein grofser Zeh
reicht bis zum Himmel, ich falle!
Das thut so tief, so süfs dann weh,
und die Bäume verbeugen sich alle.

Und immer wieder in die Höh,
und der Himmel kommt immer näher;
und immer süfser thut es weh —
der Himmel wird immer höher.

E. R. WEISS, ZIERSTUCK

C 24 3
 
Annotationen