Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
und wie ein grauer Regen regnets dir ins Herz
und wie ein Bettler drückst du dich von dannen

einsam
deinen einsamen Weg.

II

Und dennoch: nein, ich beneid euch nicht! . .
hell ist mein Herz und hell mein Blick
und hell in goldener Sonne liegt
die Welt, so sommerklar und schön,
leuchtende Wolken über den Höhn . .
und immer tiefer sinkt das Thal

und sein Gewühl
und alle Angst und alles Enge,
alle Schwere, alles Gedränge .. .
und immer höher, immer breiter
immer leichter, immer weiter

wird der Himmel,

wird mein Ziel!

HI

Und wieder kehre ich aus fremdem Lande,
und seines Lebens buntes Bilderspiel
verglüht zu stiller, weifser Flamme:

Du in dir nur trägst den Punkt,

in dem sich Alles fafst und findet

und löst und bindet. .

du bist die Welt und nicht das laute

vieldeutig immer andere Ding,

das sich so nennt, das Niemand kennt

und nichts und Alles ist! .. du bist die Welt,

und nicht die Länder, nicht die Meere,

die du durchquerst in raschem Flug,

auch nicht, was Menschenkönnen schuf. . .

Du bist die Welt und du allein . .

und bist du .. Schatten, wird sie Schatten sein I

IV

So dacht ich auch einst: was ich träumte,
in Frühlingsfülle müsse es ein Mai
ausschütten über mich aus goldenem Hörn
und eines Morgens oder eines Abends müfsten

plötzlich
die Berge auseinandergehn, durch die ich rang
und alles köstlich in Erfüllung stehn,
in Glanz und Klang.

Und Jahr um Jahr kam und verrann

und Ferne über Ferne hüllte

sich auf.. . nicht eine aber erfüllte,

was meine Sehnsucht hinter ihre Schleier spann!

Nun wart ich längst nicht mehr auf solche

Märchentage
und glaube wie ein thöricht Kind
mein bestes Können in den Wind!

Ich will vom Leben nichts geschenkt mehr haben!
ich schaff mir selbst, was ich mir wünsche!
That ist Erfüllung, nicht Gebet!
die Ferne reift nur, was die Nähe sät!

Ich nehme mir, was ich vom Leben will .. .
ich will vielleicht so viel nicht mehr wie früher,
doch lachend steht es und hält still
und blüht mir seinen Überfiufs entgegen
in reicherer Fülle, als ich je geträumt!

HERMANN SANDKUHL, ABEND

C 9° D
 
Annotationen