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S u m p f h u h n.
Wie die Sünde häfslich sagt ihr und wifst,
dafs die Sünde schön wie Bathseba ist!
Um Eins nur thuts mir höchstens weh:
um meine Nerven und mein Portemonaie.

Choleriker.
Und mag auch dreist vor meinem Lachen
die Welt aus ihren Fugen krachen,
hol mich der Henker, mich packt die Galle:
hemd- und herzlos sind sie alle!

Heuschrecken.
Unaufhaltsam vor und vorn,
wie die blinden Hessen!
Gras und Kraut und Klee und Korn,
alles wird gefressen!

Apollonius Golgatha.
Hoch am Himmel unbewohnt,
kuck, noch immer hängt der Mond
wüst in diese Nacht des Spottes,
eine blutige Träne Gottes!

Leithammel.
Seht, da kommt ein neuer Wicht
zu unsrer Maskeraden
mit frisch geweifstem Angesicht
und nagelneuen Waden!

Stabreimler.
Trampeln, Trapsen, Trott und Trab,
Trollen, Traben, Treten,
Trendein, Trotteln, Tritt und Tratt,
Trommeln und Trompeten!

Reimler.
Durch China wanderte einst solo
der weltberühmte Marko Polo.
An einem Wintertag strich Pan
durch einen Wald aus weifsem Filigran.

Tragödiendichter.
Ich glaub, entartete Natur,
man spielt hier gar Komödien?
Es findet Poesie sich nur
in blutigen Tragödien!

Unkenkönigin.
Unkenkönigin im Sumpf
will die Menschen locken.
Das klingt so hell und klagt so dumpf —
ferne Klosterglocken!

Alle.

Von Surinam bis Kiautschau,
nun lafst uns gehn und treten;
die Welt ist eine alte Frau
und will nur knien und beten.

Amme.
Grau die Wolken, grau die Welt
und kein Stern, der sie erhellt!
Schlafe, schlafe, schlafe Kind,
in den Weiden wühlt der Wind.

Phantasus.
Zwei alte Weiden, die gekrümmt wie Drachen,
im Vollmondlicht ein Gitterthor bewachen.
Aus seinen Eisen recken schwarz verschlungen
zwei grofse Schlangen ihre goldnen Zungen.
Dahinter, wunderbar in ihrem Schweigen,
Cypressenwälder, die aus Nebeln steigen.
Und durch das Riesenthor von ihm geschieden,
steh ich und starr in ihren weifsen Frieden . . .

Apollonius Golgatha.
Schrill stiert mich an aus blauem Strauch,
ein grüner Papageienbauch.
Schon hat der Wahnsinn ihn befallen —
ein unsichtbares Tier mit schwarzen Krallen!

Sylphe.
Dampf und Nebel, Thau und Dunst,
kaum gefühlt, verflogen.
Und golden kommt durchs Dunkelblau
Sternlein hergezogen.

Königstochter.
Ellerkonges Töchterlcin
mufs immerwährend tanzen.
Denn an jedem Fingerlein
zappeln ihr drei Schranzen !

Echo.
Blümlein ach, so müd und matt,
leises thaubefeuchten 5
loser Hauch um Stiel und Blatt,
fernes Wetterleuchten.

Oberon.

Morgenlüftchen bläst ins Laub
und wird die Sonne wecken;
hört ihr den Donner, seid ihr taub.
Eilt euch zu verstecken!

Die „Handlung", die immer unverständlicher geworden ist, hat allmählich aufgehört, die
Koulissen verwandeln sich, der Hirnsand ist ins Rutschen geraten, das Altertum schiebt sich ins
Mittelalter, dieses wieder in die Neuzeit und der Raum, der nun völlig dunkel geworden ist,
stellt nur noch die Zirbeldrüse „an sich" dar.

TH. ONASCH
 
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