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HANS VON MAREES

HANS VON MAREES

OCH in den Tagen, da der Naturalismus in der
bildenden Kunst auf die Höhe seiner Entwick-
lung gelangte, starb zu Rom der deutsche
Maler Hans von Marees, der seiner Kunstan-
schauung und seinen Werken nach jener
kleinen Schar zugezählt werden mufs, die sich
mit ganzer Seele in den Dienst eines neuen
Idealismus stellte. Unter ihnen war es freilich
Arnold Böcklin, der dieser Geistesrichtung in
Deutschland den endlichen glänzenden Triumph
sicherte und die gröfste Fülle wohlverdienter Lorbeeren zum un-
vergänglichenRuhmeskranz auf seinem Haupt vereinigte. Und
doch ist auch der noch bei seinem Tode unbekannte Hans von
Marees ein Führer und Bahnbrecher für den neuen Idealismus
gewesen. Zwar nicht so sehr durch die überzeugende Kraft
zur Vollkommenheit gediehener "Werke — und darin liegt
es mitbegründet, dafs er bisher allzuwenig Beachtung ge-
funden hat — als vielmehr durch die Macht seiner Persön-
lichkeit, die gepaart mit einer bis zum edelsten gesteigerten
Kunstauffassung und einer ungewöhnlichen erzieherischen
Mitteilsamkeit den neuen Pfaden die Schranken öffnen half.
Den ganzen Einflufs seiner Person auf die mit ihm in Be-
rührung gekommenen Künstler und Kunstjünger, die hohe
bildende Einwirkung seiner künstlerischen Ueberzeugung
gilt es daher in erster Linie zu erfassen, wenn man sich die
Bedeutung Hans von Marees vor Augen führen will. Die
wenigen Werke, welche er der Nachwelt hinterliefs, kommen
dabei grofsenteils nur als äufsere fragmentarische Beispiele
und nicht als der vollendete Ausdruck für das, was er mit
der ganzen Glut seines Herzens anstrebte, in Betracht. In
aufreibender, fast tragischer Arbeit war er zwar bemüht, seine
Bildwerke mit der in sich abgeschlossenen vornehmen Kunst-
anschauung, die er errungen hatte, in Einklang zu bringen.
Allein im Grofsen und Ganzen ist ihm dies nicht gelungen.
Und daher kam es zum Teil, dafs nur eine kleine Gemeinde,
nicht aber die grofse Welt seinem Schaffen verständnisvolle
Aufmerksamkeit schenkte, und dafs von seinem Leben zumal

nur wenig bekannt geworden ist. Was uns von jenem er-
halten blieb ist jetzt der Hauptsache nach in der Galerie zu
Schleifsheim bei München aufbewahrt, und ■was wir von
diesem wissen, haben Freunde des Künstlers, namentlich der
feinsinnige Conrad Fiedler mitgeteilt, derselbe, welcher nach
dem Tode Marees' dessen Nachlafs erworben und nachmals
der Schleifsheimer Galerie zur dauernden Ausstellung über-
geben hat.1) —

Hans von Marees wurde am Tage vor Weihnachten 1837
zu Elberfeld geboren als Sohn einer hochangesehenen, mit
künstlerischen Interessen begabten Familie. Einer seiner Ahnen,
George de Marees (1697—1776) war bayerischer Hofmaler
gewesen. Seine Kunst blieb im wesentlichen auf das Porträt
beschränkt. Zahlreiche Bildnisse von seiner Hand befinden
sich ebenfalls in der Schleifsheimer Galerie. Hans von Marees
Vater, der 1874 a's h^er Staatsbeamter zu Koblenz starb,
war ein Mann von feinem Kunstgefühl, namentlich auf dem
Gebiete der Poesie. Den äufseren Beleg dafür bietet eine
Sammlung schottischer Balladen, die er übersetzte.

An dem Vater wie an seiner früh verstorbenen Mutter
hing Hans von Marees mit grofser Verehrung, obwohl zwi-
schen ihm, dessen Neigung zur bildenden Kunst schon in
jungen Jahren erwacht war, und seiner Familie sich schon
bald manche Gegensätze herausbildeten. Dies erwähnt Marees

•) Conrad Fiedler hat sich um Marees ein grofses Verdienst
erworben, indem er eine verständnisvolle Monographie über ihn
verfafste und die Mehrzahl der Werke und Entwürfe dieses Künstlers
in photographischer Reproduktion zu einer Mappe vereinigte. Leider
ist beides nicht im Buchhandel erschienen, sondern, in einer be-
schränkten Auflage gedruckt, nur für eine Auswahl von Freunden,
Kennern und Bibliotheken als Gabe zum Andenken Marees be-
stimmt worden. — Ferner hat der Maler Karl von Pidoll eine
Broschüre: „Aus der Werkstatt eines Künstlers. Erinnerungen
an den Maler Hans von Marees" geschrieben, die indessen auch
nur als Manuskript gedruckt wurde. — Schliefslich sind einige
Seiten von Richard Muthers'' „Geschichte der Malerei im neun-
zehnten Jahrhundert" (Bd. III) der Würdigung dieses Künstlers
gewidmet.

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