sität seines Ausdrucks abhängt, dann liegt es auch auf der
Hand, dafs die Art und "Weise, die besondere Form, die sich
ein Künstler gewählt hat, um dieses höchste Ziel zu erreichen,
das höchste Interesse beanspruchen darf. In erster Linie aber
mufs das der Fall sein, wenn, wie bei Carriere, diese Aus-
drucksweise derart weit von allem Conventionellen und allem
Hergebrachten abzuliegen scheint.
Besteht nun die besondere Begabung Carrieres darin, dafs
erfür ein noch schlummerndes Empfinden die endgültige lösende
Formel findet, so verleiht er zugleich diesem Empfinden einen
realen Ausdruck mittels ganz eigener malerischer Hilfsmittel,
die er mit einem nie fehlenden Geschmack zu beherrschen
weifs. Dabei sind diese Mittel so bewufst gewollt und werden
so ohne die geringste Unsicherheit angewandt, dafs sie sich
durch ihre eigene Entfaltung gleichzeitig selbst bestätigen
und so den Beweis für die Richtigkeit seiner Ueberzeugung
erbringen.
Was Carriere will, tritt immer und überall mit gleicher
Eigenart, dem einen gleichen Ziele zugewandt, zu Tag: be-
ginnt man mit dem Anfang, mit der Zeichnung, so fällt schon
ihr ein breiter Anteil an dem späteren Resultat zu, ja viel-
leicht sogar der grundlegende und ausschlaggebende. Seine
Art und Weise der Darstellung der Formen hat nichts mit
einem oberflächlichen Klebenbleiben an blofsen Konturen zu
thun. Sie bedingt sich einzig und allein durch deren innere
Konstruktion, oder noch besser gesagt, durch die Stimmung
dessen, das dargestellt werden soll. Dieses feine Gefühl
für eine sich von innen heraus entwickelnde Zeichnung ist
das charakteristische Moment der Kunst Carrieres; er erreicht
damit zugleich den höchsten Grad der Einfachheit, und beides
zusammen ergibt dann diese Tiefe und Wucht des Ausdrucks,
die auch seine kleinsten Entwürfe und Bilder kennzeichnet,
und drückt seinem Schaffen einen Stempel von Einheitlich-
keit und Notwendigkeit auf.
Wenn so seine Zeichnung gewissermafsen skulptural wirkt
(sowohl durch ihren Aufbau wie durch feine Modellierung
und unfehlbare Sicherheit im Konstruktiven), so beweist das
gleichzeitig, in wie weit seine verschwimmende Malweise mit
ihrer kaum wahrnehmbaren Pinselführung notwendige Be-
dingung ist, um das, was Carriere will, zum Ausdruck zu
bringen. Seine Vorliebe für den Halbschatten, für das Clair-
obscur, sein Verzicht auf jeden Kontur und auf alles nicht
absolut Notwendige, hat durchaus seine Daseinsberechtigung.
Weit entfernt, vor dem Verlangen derjenigen die Waffen zu
strecken, die seinen „Nebel"nicht begreifen und die da sagen:
„wir wollen weit offene Fenster und kein trübendes Glas da-
zwischen", betont er sogar nachdrücklich diesen „Nebel", da
er mit seiner Hilfe etwas Interessantes glaubt sagen zu können.
Und in derThat mufs ihn auch jeder Unparteiische als durch-
aus logisch, ja als unerläfslich anerkennen, wenn er das Schaffen
Carrieres wirklich verstehen will. Allerdings erfordert dies
einen weniger oberflächlichen Urteiler, als das blofse Auge zu
sein pflegt; es nötigt zu ungleich tieferem Denken und Mit-
empfinden.
Die Genialität seiner Malerei mit ihrem köstlichen Silber-
schimmer bietet an sich schon einen vollen Genufs, der durch
keinerlei überflüssige Details beeinträchtigt wird. Bei näherem
Zusehen jedoch ist man förmlich überrascht von dem aufser-
ordentlich feinfühligen und geläuterten Geschmack in der
Wahl des treffenden Lokalkolorits und der verschiedenen
Abtönungen von perlmutterartigem Grau an bis zu tiefem
schweren Dunkel. Der einfarbige Anblick ist bei ihm
eben nur Schein. Durch das Fortlassen alles nicht unbe-
dingt Wesentlichen empfängt man den Eindruck absoluter
C 120 B
Hand, dafs die Art und "Weise, die besondere Form, die sich
ein Künstler gewählt hat, um dieses höchste Ziel zu erreichen,
das höchste Interesse beanspruchen darf. In erster Linie aber
mufs das der Fall sein, wenn, wie bei Carriere, diese Aus-
drucksweise derart weit von allem Conventionellen und allem
Hergebrachten abzuliegen scheint.
Besteht nun die besondere Begabung Carrieres darin, dafs
erfür ein noch schlummerndes Empfinden die endgültige lösende
Formel findet, so verleiht er zugleich diesem Empfinden einen
realen Ausdruck mittels ganz eigener malerischer Hilfsmittel,
die er mit einem nie fehlenden Geschmack zu beherrschen
weifs. Dabei sind diese Mittel so bewufst gewollt und werden
so ohne die geringste Unsicherheit angewandt, dafs sie sich
durch ihre eigene Entfaltung gleichzeitig selbst bestätigen
und so den Beweis für die Richtigkeit seiner Ueberzeugung
erbringen.
Was Carriere will, tritt immer und überall mit gleicher
Eigenart, dem einen gleichen Ziele zugewandt, zu Tag: be-
ginnt man mit dem Anfang, mit der Zeichnung, so fällt schon
ihr ein breiter Anteil an dem späteren Resultat zu, ja viel-
leicht sogar der grundlegende und ausschlaggebende. Seine
Art und Weise der Darstellung der Formen hat nichts mit
einem oberflächlichen Klebenbleiben an blofsen Konturen zu
thun. Sie bedingt sich einzig und allein durch deren innere
Konstruktion, oder noch besser gesagt, durch die Stimmung
dessen, das dargestellt werden soll. Dieses feine Gefühl
für eine sich von innen heraus entwickelnde Zeichnung ist
das charakteristische Moment der Kunst Carrieres; er erreicht
damit zugleich den höchsten Grad der Einfachheit, und beides
zusammen ergibt dann diese Tiefe und Wucht des Ausdrucks,
die auch seine kleinsten Entwürfe und Bilder kennzeichnet,
und drückt seinem Schaffen einen Stempel von Einheitlich-
keit und Notwendigkeit auf.
Wenn so seine Zeichnung gewissermafsen skulptural wirkt
(sowohl durch ihren Aufbau wie durch feine Modellierung
und unfehlbare Sicherheit im Konstruktiven), so beweist das
gleichzeitig, in wie weit seine verschwimmende Malweise mit
ihrer kaum wahrnehmbaren Pinselführung notwendige Be-
dingung ist, um das, was Carriere will, zum Ausdruck zu
bringen. Seine Vorliebe für den Halbschatten, für das Clair-
obscur, sein Verzicht auf jeden Kontur und auf alles nicht
absolut Notwendige, hat durchaus seine Daseinsberechtigung.
Weit entfernt, vor dem Verlangen derjenigen die Waffen zu
strecken, die seinen „Nebel"nicht begreifen und die da sagen:
„wir wollen weit offene Fenster und kein trübendes Glas da-
zwischen", betont er sogar nachdrücklich diesen „Nebel", da
er mit seiner Hilfe etwas Interessantes glaubt sagen zu können.
Und in derThat mufs ihn auch jeder Unparteiische als durch-
aus logisch, ja als unerläfslich anerkennen, wenn er das Schaffen
Carrieres wirklich verstehen will. Allerdings erfordert dies
einen weniger oberflächlichen Urteiler, als das blofse Auge zu
sein pflegt; es nötigt zu ungleich tieferem Denken und Mit-
empfinden.
Die Genialität seiner Malerei mit ihrem köstlichen Silber-
schimmer bietet an sich schon einen vollen Genufs, der durch
keinerlei überflüssige Details beeinträchtigt wird. Bei näherem
Zusehen jedoch ist man förmlich überrascht von dem aufser-
ordentlich feinfühligen und geläuterten Geschmack in der
Wahl des treffenden Lokalkolorits und der verschiedenen
Abtönungen von perlmutterartigem Grau an bis zu tiefem
schweren Dunkel. Der einfarbige Anblick ist bei ihm
eben nur Schein. Durch das Fortlassen alles nicht unbe-
dingt Wesentlichen empfängt man den Eindruck absoluter
C 120 B