banalen Genre geleistet hat. Mit einem "Wort, es war so,
dafs man versucht war nach Goyas Tode endgültig unter
die spanische Kunst zu setzen: „Finis Iberiae'.
Diese Grabschrift wäre allerdings verfrüht gewesen und
wir freuen uns dieser Erkenntnis, denn wir erlebten in den
letzten Jahren den Beginn eines wirklichen Wiedererwachens
der spanischen Kunst, und der Künstler, dem diese Zeilen
gelten, spielt eine hervorragende Rolle dabei. Man findet
vielleicht, dafs wir einer einfachen Skizze eine zu feierliche
Einleitung gegeben haben und dafs all diese ästhetisierenden
Betrachtungen überflüssig waren. Aber wir glauben, auf
diese Weise am besten deutlich zu machen, was Zuloaga
bereits gegeben hat und welche Rolle er auch fernerhin zu
spielen berufen ist. Vielleicht ist er sich selbst kaum klar
darüber, in welchem Mafse er trotz seiner Jugend jetzt schon
dazu beigetragen hat, seinem Vaterlande das Bewufstsein
der eigenen Kraft zurückzugeben, und es schien uns darum
am Platz, zum besseren Verständnis seines Werkes einige
allgemeine Hinweise auf die spanische Kunst einzuflechten.
Ignacio Zuloaga ist geboren in einer durchaus kunst-
gestimmten Umgebung. Sein Grofsvater war Direktor der
„Armeria" und Fachmann in Allem, was sich auf Metall-
künste bezieht. Sein Vater ist der in der ganzen Welt be-
rühmte Damascierer Placidio Zuloaga, der mit aufserordent-
licher Energie und mit ebenso sicherem wie originellem und
und künstlerischem Geschmack es verstanden hat, in seinem
Vaterlande eine grofsartige Kunstindustrie wieder aufleben
zu lassen oder eigentlich völlig neu zu schaffen. Er hat eine
Schule gegründet, unzählige Nachahmer gefunden und bleibt
trotzdem der anerkannteste Meister. Es ist aufser ihm viel-
leicht niemand, der, wie er, selbst der gröfsten Aufgabe ge-
wachsen wäre. Der Gold- und Silberschmuck am Grabmal
Prim's ist seine Schöpfung und es wäre ihm ein Leichtes, die
Facade eines ganzen Hauses zu damascieren, falls ihm eine
derartige Aufgabe gestellt würde. Auch sein Onkel Daniel
Zuloaga ist ein hervorragender Künstler, ein Keramiker ersten
Ranges, der in Segovia die Kunsttöpferei ebenso neu auf-
blühen liefs wie Placidio in Eibar die Kunst der Inkrustation.
Ignacio fand also in allernächster Umgebung nicht nur
Lehrer, sondern auch Vorbilder einer selbstständigen künst-
lerischen Unabhängigkeit, und da er selbst ein grofses Talent
und eine seltene Kraft und Ursprünglichkeit besitzt, so liegt es
auf der Hand, dafs sich diese ebenfalls ihren eigenen Weg
bahnen mufsten. So leuchtet denn der Name Zuloaga auf
allen Kunstgebieten des modernen Spaniens und es mufs ihm
das Verdienst zuerkannt werden, viel zum Ruhm Spaniens
beigetragen zu haben, auch wenn man dies in Spanien selbst
heute noch nicht so klar empfindet, wie bei uns.
Eibar wird von den Touristen beinahe sorgfältig ver-
mieden. Es ist eine prächtige kleine Stadt, mitten in den
Bergen der durch Reichtum, Fruchtbarkeit und Industriebe-
trieb ausgezeichneten baskischen Provinzen. Wer aber weifs
von Vergara mit seinem imposanten Marktplatz? oder wer von
dem benachbarten Eibar mit seiner prächtigen Kirche und
mit seinen Eisenschmieden, bei deren Anblick man an Ve-
lasquez' „Apoll bei Vulkan" denken mufs? Wohl nur
Wenige.
Hier aber spielte sich die Kinderzeit eines Mannes ab, der
ebenso leidenschaftlich wie besonnen, mit gleicher Hingabe
sowohl die Kunst der Vergangenheit, als auch das unmittel-
bare Leben seiner Zeit studiert. Es ist leider nur Wenigen
gegeben, diese beiden Momente in sich zu vereinigen und
doch ist es so leicht, wenn man nur einmal sieht oder empfin-
det, wie verwandt die Kunst der alten Meister mit unserem
modernen Leben ist und wie tief dieses selbst wieder in der
Vergangenheit wurzelt.
*
Nachdem Ignacio Zuloaga sich entschlossen hatte, seiner
Neigung zu folgen und Maler zu werden, ging er nach Paris
und arbeitete in Montmatre. Was er jedoch arbeitete, war
kein Nachahmen, sondern ein Sich-Einleben, kein Anleihe-
Machen bei Formeln, sondern ein Sich-Schulen in den Aus-
drucksmitteln. Er verlor Spanien nie aus den Augen, kehrte
oft dahin zurück und begann allmählich es mit immer
gröfserer Leidenschaft zu malen, wie es denn auch Porträts
spanischer Typen waren, die zuerst die Aufmerksamkeit des
Publikums im Salon des Champ de Mars auf ihn lenkten.
Diese ersten Bilder trugen einen durchaus strengen und fast
rücksichtslosen Charakter und zeugten von einer gewissen
Härte, die andererseits freilich viel zu dem kraftvollen Aus-
druck des Ganzen beitrug. Kurze Zeit darauf errang der
Künstler einen glänzenden Erfolg mit etwa zehn Gemälden,
die in dem kleinen Laden des verstorbenen Le Bare de Boutte-
ville ausgestellt waren, woselbst die nach Neuem fahndenden
Kunstliebhaber schon soviel interessante Darbietungen kennen
gelernt hatten. Das war in der That ein Maler! Die Aus-
führung war weich geworden und der ganze Charakter, man
könnte sagen: von intensiv ernster Freude: weifse Kleider,
seidene Mantillen, naturfrische rote Lippen und glänzende
Augen — seit langer Zeit schon hatte Spanien nicht mehr in
dieser Weise zu uns gesprochen.
Seitdem hat Zuloaga immer mehr an Ansehen gewonnen
und in gleichem Mafse wuchs auch sein Können.
Er schuf Typen und Landschaften aus Andalousien
wie aus den baskischen Provinzen, trieb unablässig Licht -
und Himmelstudien und verstand es, den einfach schlichten
Wesen, die er malte, ein eigenartiges Leben zu verleihen.
Die grofsen Porträts, die er in diesem Jahr im Champ de
Mars ausgestellt hatte: sein Selbstbildnis, als Jäger, sowie
das Gruppenbild zweier junger Mädchen und eines Herrn,
das vor Kurzem für den Luxembourg angekauft wurde
und nach dem das vorliegende Heft eine Reproduktion enthält,
sichern ihm einen Platz unter den besten modernen Malern
und stellen ihn an die Spitze der spanischen Künstler. Die
grofsen Gemälde im Museum von Barcelona zeigen, was man
noch von ihm erwarten darf. Studien, Porträts, Zeichnungen
von höchst eigenartigem Geschmack, Lithographien, Radie-
rungen — was er bis jetzt geschaffen, ist jetzt schon aufser-
ordentlich umfassend und vielseitig. Er giebt das Leben
seines Volkes mit einer Beobachtung, mit einer Kraft und
mit einem Stolz, der an die Meister der Blüthezeit Spaniens
erinnert. Wenn er morgen eine Kirche auszuschmücken
hätte — es wäre eine ganz besondere Freude und ich sehe jetzt
schon das schöne betende Volk, das er malen würde, die un-
heimlichen verzückten Bettler, jene „im Himmel mächtigen
Bettler", von denen Victor Hugo spricht, die glänzenden
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16*
dafs man versucht war nach Goyas Tode endgültig unter
die spanische Kunst zu setzen: „Finis Iberiae'.
Diese Grabschrift wäre allerdings verfrüht gewesen und
wir freuen uns dieser Erkenntnis, denn wir erlebten in den
letzten Jahren den Beginn eines wirklichen Wiedererwachens
der spanischen Kunst, und der Künstler, dem diese Zeilen
gelten, spielt eine hervorragende Rolle dabei. Man findet
vielleicht, dafs wir einer einfachen Skizze eine zu feierliche
Einleitung gegeben haben und dafs all diese ästhetisierenden
Betrachtungen überflüssig waren. Aber wir glauben, auf
diese Weise am besten deutlich zu machen, was Zuloaga
bereits gegeben hat und welche Rolle er auch fernerhin zu
spielen berufen ist. Vielleicht ist er sich selbst kaum klar
darüber, in welchem Mafse er trotz seiner Jugend jetzt schon
dazu beigetragen hat, seinem Vaterlande das Bewufstsein
der eigenen Kraft zurückzugeben, und es schien uns darum
am Platz, zum besseren Verständnis seines Werkes einige
allgemeine Hinweise auf die spanische Kunst einzuflechten.
Ignacio Zuloaga ist geboren in einer durchaus kunst-
gestimmten Umgebung. Sein Grofsvater war Direktor der
„Armeria" und Fachmann in Allem, was sich auf Metall-
künste bezieht. Sein Vater ist der in der ganzen Welt be-
rühmte Damascierer Placidio Zuloaga, der mit aufserordent-
licher Energie und mit ebenso sicherem wie originellem und
und künstlerischem Geschmack es verstanden hat, in seinem
Vaterlande eine grofsartige Kunstindustrie wieder aufleben
zu lassen oder eigentlich völlig neu zu schaffen. Er hat eine
Schule gegründet, unzählige Nachahmer gefunden und bleibt
trotzdem der anerkannteste Meister. Es ist aufser ihm viel-
leicht niemand, der, wie er, selbst der gröfsten Aufgabe ge-
wachsen wäre. Der Gold- und Silberschmuck am Grabmal
Prim's ist seine Schöpfung und es wäre ihm ein Leichtes, die
Facade eines ganzen Hauses zu damascieren, falls ihm eine
derartige Aufgabe gestellt würde. Auch sein Onkel Daniel
Zuloaga ist ein hervorragender Künstler, ein Keramiker ersten
Ranges, der in Segovia die Kunsttöpferei ebenso neu auf-
blühen liefs wie Placidio in Eibar die Kunst der Inkrustation.
Ignacio fand also in allernächster Umgebung nicht nur
Lehrer, sondern auch Vorbilder einer selbstständigen künst-
lerischen Unabhängigkeit, und da er selbst ein grofses Talent
und eine seltene Kraft und Ursprünglichkeit besitzt, so liegt es
auf der Hand, dafs sich diese ebenfalls ihren eigenen Weg
bahnen mufsten. So leuchtet denn der Name Zuloaga auf
allen Kunstgebieten des modernen Spaniens und es mufs ihm
das Verdienst zuerkannt werden, viel zum Ruhm Spaniens
beigetragen zu haben, auch wenn man dies in Spanien selbst
heute noch nicht so klar empfindet, wie bei uns.
Eibar wird von den Touristen beinahe sorgfältig ver-
mieden. Es ist eine prächtige kleine Stadt, mitten in den
Bergen der durch Reichtum, Fruchtbarkeit und Industriebe-
trieb ausgezeichneten baskischen Provinzen. Wer aber weifs
von Vergara mit seinem imposanten Marktplatz? oder wer von
dem benachbarten Eibar mit seiner prächtigen Kirche und
mit seinen Eisenschmieden, bei deren Anblick man an Ve-
lasquez' „Apoll bei Vulkan" denken mufs? Wohl nur
Wenige.
Hier aber spielte sich die Kinderzeit eines Mannes ab, der
ebenso leidenschaftlich wie besonnen, mit gleicher Hingabe
sowohl die Kunst der Vergangenheit, als auch das unmittel-
bare Leben seiner Zeit studiert. Es ist leider nur Wenigen
gegeben, diese beiden Momente in sich zu vereinigen und
doch ist es so leicht, wenn man nur einmal sieht oder empfin-
det, wie verwandt die Kunst der alten Meister mit unserem
modernen Leben ist und wie tief dieses selbst wieder in der
Vergangenheit wurzelt.
*
Nachdem Ignacio Zuloaga sich entschlossen hatte, seiner
Neigung zu folgen und Maler zu werden, ging er nach Paris
und arbeitete in Montmatre. Was er jedoch arbeitete, war
kein Nachahmen, sondern ein Sich-Einleben, kein Anleihe-
Machen bei Formeln, sondern ein Sich-Schulen in den Aus-
drucksmitteln. Er verlor Spanien nie aus den Augen, kehrte
oft dahin zurück und begann allmählich es mit immer
gröfserer Leidenschaft zu malen, wie es denn auch Porträts
spanischer Typen waren, die zuerst die Aufmerksamkeit des
Publikums im Salon des Champ de Mars auf ihn lenkten.
Diese ersten Bilder trugen einen durchaus strengen und fast
rücksichtslosen Charakter und zeugten von einer gewissen
Härte, die andererseits freilich viel zu dem kraftvollen Aus-
druck des Ganzen beitrug. Kurze Zeit darauf errang der
Künstler einen glänzenden Erfolg mit etwa zehn Gemälden,
die in dem kleinen Laden des verstorbenen Le Bare de Boutte-
ville ausgestellt waren, woselbst die nach Neuem fahndenden
Kunstliebhaber schon soviel interessante Darbietungen kennen
gelernt hatten. Das war in der That ein Maler! Die Aus-
führung war weich geworden und der ganze Charakter, man
könnte sagen: von intensiv ernster Freude: weifse Kleider,
seidene Mantillen, naturfrische rote Lippen und glänzende
Augen — seit langer Zeit schon hatte Spanien nicht mehr in
dieser Weise zu uns gesprochen.
Seitdem hat Zuloaga immer mehr an Ansehen gewonnen
und in gleichem Mafse wuchs auch sein Können.
Er schuf Typen und Landschaften aus Andalousien
wie aus den baskischen Provinzen, trieb unablässig Licht -
und Himmelstudien und verstand es, den einfach schlichten
Wesen, die er malte, ein eigenartiges Leben zu verleihen.
Die grofsen Porträts, die er in diesem Jahr im Champ de
Mars ausgestellt hatte: sein Selbstbildnis, als Jäger, sowie
das Gruppenbild zweier junger Mädchen und eines Herrn,
das vor Kurzem für den Luxembourg angekauft wurde
und nach dem das vorliegende Heft eine Reproduktion enthält,
sichern ihm einen Platz unter den besten modernen Malern
und stellen ihn an die Spitze der spanischen Künstler. Die
grofsen Gemälde im Museum von Barcelona zeigen, was man
noch von ihm erwarten darf. Studien, Porträts, Zeichnungen
von höchst eigenartigem Geschmack, Lithographien, Radie-
rungen — was er bis jetzt geschaffen, ist jetzt schon aufser-
ordentlich umfassend und vielseitig. Er giebt das Leben
seines Volkes mit einer Beobachtung, mit einer Kraft und
mit einem Stolz, der an die Meister der Blüthezeit Spaniens
erinnert. Wenn er morgen eine Kirche auszuschmücken
hätte — es wäre eine ganz besondere Freude und ich sehe jetzt
schon das schöne betende Volk, das er malen würde, die un-
heimlichen verzückten Bettler, jene „im Himmel mächtigen
Bettler", von denen Victor Hugo spricht, die glänzenden
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