Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VORWORT

Das vorliegende Heft besteht zur Hauptsache aus zwei Abhand-
lungen, die zunächst eine Anzahl von Kunstwerken ikonographisch
zu erklären versuchen, darüber hinaus aber das oft sehr komplizierte
Wechsel Verhältnis zwischen Text Überlieferung und Bild Über-
lieferung an zwei besonders geeigneten, weil fest umgrenzten Dar-
stellungsthemen aufzeigen möchten. Die beiden Gegenstände haben
das gemeinsam, daß sie, als echte Humanisten-Themen, der Kunst des
Mittelalters fremd gewesen sind und erst im 15. Jahrhundert in den Kreis
des „Darstellbaren“ eintraten, so daß die Entstehung „neuer“ Bildtypen
gewissermaßen in statu nascendi beobachtet werden kann, — mit dem Er-
gebnis, daß auch die „neuen“ Typen sich meistens mit „traditionellen“
verknüpft erweisen: wir können feststellen, daß die Notwendigkeit, un-
mittelbar „aus dem Text heraus“ zu illustrieren, zunächst fast immer eine
sehr merkwürdige Verbindung von textbedingter Neuschöpfung
und anschauungsbedingter Analogiebildung hervorgebracht hat,
bis schließlich innerhalb des „neuen“ Gegenstandsgebietes eine be-
schränkte Anzahl von Typen sich durchsetzt und gleichsam eine Bild-
überlieferung zweiter Stufe begründet. Dabei besteht zwischen den beiden
Themen der Unterschied, daß nur das erste, nicht aber das
zweite in antiken Gestaltungen auf die Nachwelt gekommen
ist. Allein das Aufschlußreiche ist dies, daß man auch da, wo antike Vor-
bilder zu Gebote gestanden hätten, zunächst an ihnen vorbeiillustrieren
mußte: man geht nicht von ihnen aus, sondern man findet sich zu ihnen
hin, so daß es, entwicklungsgeschichtlich betrachtet, fast auf dasselbe
herauskommt, wenn die Auseinandersetzung mit dem Thema des „Si-
gnum Triciput“ zur Restitution einer realen Antike und die Aus-
einandersetzung mit dem Thema des „Hercules Prodicius“ zur Re-
konstruktion einer ideellen Antike geführt hat.

Es lag in der Natur der Sache, daß die Untersuchung sich strecken-
weise in das Gebiet rein literaturgeschichtlicher, ja selbst rein text-
kritischer Erörterungen begeben mußte: keine Einzelwissenschaft kann
Antworten auf alle Fragen bereithalten, die eine Schwesterdisziplin aus
ihrer ganz anderen Problemstellung heraus an sie zu richten hat; und
 
Annotationen