D. WIIKIE. 91
wähnen, die anf Napoleon Bezug haben. Die eine stellt Na-
poleon vor, wie er in Herrscherkraft vor dem sitzenden
Papst Pius VII. steht und ihn zur Unterschrift eines Docu-
mentes zwingen will, das er in der Hand hält; der Papst
aber verwirft im Bewufstseyn ererbter Rechte ernst die Vor-
schläge. In dieser einfachen Darstellung hat Wilkie auf eine
meisterhafte Weise den jetzigen allgemeinen Kampf einer
gealterten Zeit mit der neuen dargestellt.
Die andere Zeichnung stellt Napoleon anf dem St. Gott-
hardspital vor, wie er sich an einem Kaminfeuer wärmt;
bei ihm ist einer der Mönche, welcher in seiner neugieri-
gen Gesprächigkeit ihn fragte, was er nun mit der grofsen
Armee zu thun vorhabe? worauf Napoleon ihm rasch ant-
wortete: „Das ist ein Geheimnifs, und wenn es mein Hut
wüTste, ich würde ihn in's Feuer werfen!" Diese Anekdote
hat Wilkie aus dem Munde des Mönches selbst.
Das gröfste Bild, welches Wilkie je gemalt hat, ist das,
welches er in Auftrag des Herzogs von Wellington verfer-
tigte, und welches vorstellt, wie die Invaliden zu Chelsea
die Nachricht des Sieges bei Waterloo durch die Zeitung
erfahren. Dieses an Episoden reiche Bild macht eine etwas
zu zerstreute Wirkung, wie man sich durch den neulich er-
schienenen Kupferstich von John Burnet überzeugen kann.
Wilkie ist eine wahre Künstlernatur und ein Mann von
liebenswürdigem Charakter, dabei von schottischer Gerad-
heit und Einfachheit der Sitten, was schon aus folgender
Anekdote hervorgeht. Unser Künstler war sehr befreundet
mit Lord R. Walpole. Als dieser nun in's Ministerium kam, so
machte er, weil er wufste, dafs Wilkie für seinen Bruder
ein Etablissement suchte, ihm den Vorschlag, diesen mit
300 Pfund Sterling Gehalt anzustellen; Wilkie hatte aber
schon andere Plane gemacht und antwortete in seiner schlich-
ten Weise ohne irgend etwas Verbindliches ganz trocken:
„Ich will mir das überlegen," schlug auch nachher das An-
erbieten aus und etablirte seinen Bruder in einem Handels-
haus; doch hatte er nachmals Ursache, es zu bereuen, da
dieses sehr schlechte Geschäfte machte.
wähnen, die anf Napoleon Bezug haben. Die eine stellt Na-
poleon vor, wie er in Herrscherkraft vor dem sitzenden
Papst Pius VII. steht und ihn zur Unterschrift eines Docu-
mentes zwingen will, das er in der Hand hält; der Papst
aber verwirft im Bewufstseyn ererbter Rechte ernst die Vor-
schläge. In dieser einfachen Darstellung hat Wilkie auf eine
meisterhafte Weise den jetzigen allgemeinen Kampf einer
gealterten Zeit mit der neuen dargestellt.
Die andere Zeichnung stellt Napoleon anf dem St. Gott-
hardspital vor, wie er sich an einem Kaminfeuer wärmt;
bei ihm ist einer der Mönche, welcher in seiner neugieri-
gen Gesprächigkeit ihn fragte, was er nun mit der grofsen
Armee zu thun vorhabe? worauf Napoleon ihm rasch ant-
wortete: „Das ist ein Geheimnifs, und wenn es mein Hut
wüTste, ich würde ihn in's Feuer werfen!" Diese Anekdote
hat Wilkie aus dem Munde des Mönches selbst.
Das gröfste Bild, welches Wilkie je gemalt hat, ist das,
welches er in Auftrag des Herzogs von Wellington verfer-
tigte, und welches vorstellt, wie die Invaliden zu Chelsea
die Nachricht des Sieges bei Waterloo durch die Zeitung
erfahren. Dieses an Episoden reiche Bild macht eine etwas
zu zerstreute Wirkung, wie man sich durch den neulich er-
schienenen Kupferstich von John Burnet überzeugen kann.
Wilkie ist eine wahre Künstlernatur und ein Mann von
liebenswürdigem Charakter, dabei von schottischer Gerad-
heit und Einfachheit der Sitten, was schon aus folgender
Anekdote hervorgeht. Unser Künstler war sehr befreundet
mit Lord R. Walpole. Als dieser nun in's Ministerium kam, so
machte er, weil er wufste, dafs Wilkie für seinen Bruder
ein Etablissement suchte, ihm den Vorschlag, diesen mit
300 Pfund Sterling Gehalt anzustellen; Wilkie hatte aber
schon andere Plane gemacht und antwortete in seiner schlich-
ten Weise ohne irgend etwas Verbindliches ganz trocken:
„Ich will mir das überlegen," schlug auch nachher das An-
erbieten aus und etablirte seinen Bruder in einem Handels-
haus; doch hatte er nachmals Ursache, es zu bereuen, da
dieses sehr schlechte Geschäfte machte.