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https://doi.org/10.11588/diglit.2889#0158
122 Im belle Jardiniere.
Mantel vollendete. Allein dem Bilde fehlt durchgängig die
letzte Hand, so selbst dass einige Stellen des Grundes nicht
einmal mit Farben übergangen sind. Die goldenen Zier-
rathe, welche immer zuletzt aufgesetzt werden, dürfen nicht
irre machen; denn sicher sind sie von späterer Hand hin-
zugefügt, um dem Bild das Ansehn zu geben, als ob es
wirklich vollendet sei.
Weit mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat die Angabe
des Mariette, dass das Madonnenbild, welches unter dem Na-
men ,,la belle Jardiniere" bekannt ist, jenes von Rafael für den
Sienesischen Edelmann gemalte Bild sei, um so mehr, da das-
selbe nach einer bei Lepicie') aufgenommenen Tradition
von jenem durch König Franz I erstanden worden. Auch
wird die Hülfe des Ridolfo durch einige Verworrenheit am
untern Theil des tieiblauen Mantels wahrscheinlich, da doch
der übrige Theil des Bildes mit viel Studium und sehr geist-
reich behandelt ist. Zuletzt muss noch erwähnt werden,
dass Mariette einen Entwurf zu diesem Bilde besass, auf
dessen Rückseite sich einige Studien zu der Grablegung im
Palast Borghese befanden, was über dessen Entstehungs-
zeit keinen Zweifel übrig lässt. llafael von unerschöpfli-
chem Reichthum an neuen Motiven zu Madonnenbildern,
zeigt uns hier die Mutter des Heilandes, wie in völliger
Zurückgezogenheit aufgewachsen, in der reinsten Jungfräu-
lichkeit. Mit niedergeschlagenen Augen blickt sie in unbe-
schreiblicher Unbefangenheit nach dem Christkind herab,
und scheint das Bild des Sohnes Gottes in sich aufzuneh-
men, wie ein spiegelglatter See ein lichtvolles Bild in ge-
mildertem Glänze aufnimmt und wiederstrahlt. Und welcher
Zauber liegt in dem reinen schönen Oval ihres Antlitzes,
der sanft gewölbten Stirne, dem treuen Blick der langbe-
wimperten Augen, der vollen und doch feinen Form der
Nase und dem anniuthsvollen, halb geöffneten Munde? —
1) Siehe Catalogue raisonne des tableaux du Roy etc. par M. Le-
picie. Paris 1752 p. 81.
Mantel vollendete. Allein dem Bilde fehlt durchgängig die
letzte Hand, so selbst dass einige Stellen des Grundes nicht
einmal mit Farben übergangen sind. Die goldenen Zier-
rathe, welche immer zuletzt aufgesetzt werden, dürfen nicht
irre machen; denn sicher sind sie von späterer Hand hin-
zugefügt, um dem Bild das Ansehn zu geben, als ob es
wirklich vollendet sei.
Weit mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat die Angabe
des Mariette, dass das Madonnenbild, welches unter dem Na-
men ,,la belle Jardiniere" bekannt ist, jenes von Rafael für den
Sienesischen Edelmann gemalte Bild sei, um so mehr, da das-
selbe nach einer bei Lepicie') aufgenommenen Tradition
von jenem durch König Franz I erstanden worden. Auch
wird die Hülfe des Ridolfo durch einige Verworrenheit am
untern Theil des tieiblauen Mantels wahrscheinlich, da doch
der übrige Theil des Bildes mit viel Studium und sehr geist-
reich behandelt ist. Zuletzt muss noch erwähnt werden,
dass Mariette einen Entwurf zu diesem Bilde besass, auf
dessen Rückseite sich einige Studien zu der Grablegung im
Palast Borghese befanden, was über dessen Entstehungs-
zeit keinen Zweifel übrig lässt. llafael von unerschöpfli-
chem Reichthum an neuen Motiven zu Madonnenbildern,
zeigt uns hier die Mutter des Heilandes, wie in völliger
Zurückgezogenheit aufgewachsen, in der reinsten Jungfräu-
lichkeit. Mit niedergeschlagenen Augen blickt sie in unbe-
schreiblicher Unbefangenheit nach dem Christkind herab,
und scheint das Bild des Sohnes Gottes in sich aufzuneh-
men, wie ein spiegelglatter See ein lichtvolles Bild in ge-
mildertem Glänze aufnimmt und wiederstrahlt. Und welcher
Zauber liegt in dem reinen schönen Oval ihres Antlitzes,
der sanft gewölbten Stirne, dem treuen Blick der langbe-
wimperten Augen, der vollen und doch feinen Form der
Nase und dem anniuthsvollen, halb geöffneten Munde? —
1) Siehe Catalogue raisonne des tableaux du Roy etc. par M. Le-
picie. Paris 1752 p. 81.