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Passavant, Johann David; Santi, Giovanni
Rafael von Urbino und sein Vater Giovanni Santi (Band 1) — Leipzig, 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.2889#0141
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Pietro Bembo's Rede. 105

glaubt die Spur Gottes gefunden zu haben. In der Betrach-
tung desselben nun sucht sie wie in ihrem seligen Ende
sich auszuruhen; und glühend in dieser beglückenden Flamme
erhebt sie sich zum geistigen Schauen (intelletto); und liier,
weiter nicht von der Dunkelheit der irdischen Nacht um-
schattet, sieht sie die göttliche Schönheit. Indessen ge-
niesst sie sie auch dann noch nicht völlig, denn sie be-
trachtet sie nur mit ihrem besondern Vermögen zu schauen,
das nicht vermag die uncrmessliche, allgemeine Schönheit
(bellezza universale) zu fassen; daher mit diesem Glücke
noch nicht zufrieden, gibt der Seele die Liebe nocli grös-
sere Glückseligkeit, welche von der besondern Schönheit
eines Körpers sie zu der allgemeinen Schönheit aller Kör-
per führt. So gelangt sie, im höchsten Grad der Vollkom-
menheit des besondern Schattens, zu dem allgemeinen
Schauungsvermögen (intelletto universale). Von hier fliegt
die Seele, entzündet vom heiligen Feuer der wahrhaft gött-
lichen Liebe, sich mit der Engelsnatur zu vereinigen, und
verlässt nicht nur völlig die Natur der Sinne, sondern be-
darf auch nicht mehr der Thätigkeit des Verstandes. Denn
in einen Engel verwandelt, erkennt sie alle erkennbare Dinge
(cose intelligibile), und sieht ohne Schleier und ohne Wolke
das unermessliche Meer der reinen göttlichen Schönheit.
Sie nimmt es in sich auf und geniesst diese höchste Glück-
seligkeit, welche durch die Sinne unerfasslich ist."

„Wenn nun die Schönheiten, welche wir täglich mit
unsem verfinsterten Augen in den vergänglichen Körpern
seilen, die doch nichts anders als nur höchst schwache Zei-
chen und Schatten der Schönheit sind, uns so schön und
liebenswürdig erscheinen, dass sie zuweilen in uns ein so
heftiges und entzückendes Feuer entzünden, dass wir glau-
ben, keine Seligkeit könne sich mit der vergleichen, die wir
manchmal bei einem einzigen Blick empfinden, der uns von
dem geliebten Blick eines Weibes kommt; welche be-
glückende Bewunderung, welches beseligende Staunen müs-
sen wir uns nun vorstellen, dass sich der Seelen bemäch-
tigt, die zur Anschauung der göttlichen Schönheit gelangen.
Welche süsse Flamme, welche milde Glut müssen nicht
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