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282 Der Menfhenfohn

4,

Sm Britifhen Mufeum befindet fidh eine Kohlezeichnung
aug dem Yahre 1503. Dargeftellt ift der Kopf des
dorngefrönten, mit dem Zode ringenden Heilands, das
Antlig zerwühlt von Schmerzen, mit offenem Mund und
gefchloffenen Augen. Namenszug und Yahr find Mar er-
Fennbar; von der verwifchten Yufdhrift Laffen fich mit
DBeftimmtheit nur entziffern die Worte: „D.....ANgE-
ficht hab idh ... gemacht in meiner Franckheit,‘
Hm eigenen Leiden fühlt Dürer die Schmerzen des Er-
Löfers nach, und indem er fie bildet, gibt er ein Bekennt-
nis feiner felbft. Noch find die Züge, die er dem Men-
{chenfohne gibt, den feinen Faum verwandt; dennoch
fühlt er fidh im Leiden mit ihın eins. Das ewige „Chri-
ftus wandelt noch heute unter ung‘“ Fommt wie Erleudh-
tung über ein von Krankheit Heimgefuchtes Menfdhenkind.
Ulnd das ift das Seltfame, daß nicht die ganze Seftalt
des SGekreuzigten, wie er fie von Kind auf immer und
überall vor Augen hatte, ihım in feiner Qual erfeheint,
fondern nur der Kopf, in dem der Ausdruck allen
Schmerzes mit gefammelter Kraft fih vordrängt.
Wenige Yabhre fpäter. Diürer ift in Ytalien gewefen, hat
Sinn befonmmen für das Bleibende in der Slucht der
Erfcheinungen. Wie in allen widhtigen Zeiten feines
Lebens gibt er fich au diesmal Nechenfchaft über das
Sewonnene in einem Selbftbildnis, und es entfieht jenes
unvergeßlihe Bild, an deffen Anblick die meiften Men-

fchen denfen, wenn fie den Namen Dürer hHören (der
 
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