Versuch zu einer Darstellung u. Kritik der FREUDschen Neurosenlehre. 403
unfähigen« Vorstellungen trotz ihrer Aktualität nicht zu gewußten
gemacht werden. Ihr Vorkommen ist pathologisch, »beim Gesunden
treten alle Vorstellungen, welche überhaupt aktuell werden können,
bei genügender Intensität auch ins Bewußtsein«. Über die Existenz
solcher bewußtseinsunfähiger Vorstellungen läßt sich also aus der
Erfahrung des Normalbewußtseins auch nichts ausmachen. Woraus
wird nun die Berechtigung zur Annahme dieser bewußtseinsunfähigen
Vorstellungen hergeleitet? Aus der klinischen Erfahrung (die For-
mulierung wird aus der »Vorl. Mitt.« wörtlich wiederholt), daß die
hysterischen Symptome nach dem Wiederbewußtmachen und Ab-
reagieren des veranlassenden Vorgangs verschwanden, woraus (»in
Umkehrung des Satzes: cessante causa cessât affectus«) auf die kon-
stante Präsenz dieses Vorgangs geschlossen wird. Aus dieser klini-
schen Erfahrung läßt sich aber zunächst nur dreierlei entnehmen:
erstens, daß die betreffenden Symptome psychogener Natur sind und
durch einen Affekt erstmalig zur Entstehung gebracht worden sind.
zweitens daß sich durch geeignete Maßnahmen der psychischen Be-
einflussung (Hypnose usw.) der begleitende Vorstellungsgehalt jenes
ASektes reproduktiv wieder ins Bewußtsein rufen läßt, und drittens.
daß die Symptome zum Verschwinden gebracht werden können, wenn
dem veranlassenden Affekt (samt seinen motivierenden Begleitum-
ständen) bei seinem neuerlichen Aktuellwerden unter Assistenz des
Arztes ein andersartiger Ablauf gegeben wird. Will man nun auch
''ir die nach Befestigung der Krankheit auftretenden physischen
Symptome ein psychisches Korrelat in irgendwelchen Bewußtseins-
prozessen ansetzen, die aber im Gegensatz zu den Affekten bei der
Provokation und bei der Abreaktion des Symptoms nicht mit dem
''esamtbewußtseinsinhalt des Kranken in Beziehung zu treten ver-
m"gen, so ist das eine Annahme, die der Begründung bedürfte.
Aus der Wirksamkeit des veranlassenden und des abreagierenden
Affektes dürfte diese Begründung nicht ohne weiteres gewonnen
Verden, da ja diese Prozesse nicht »bewußtseinsunfähig« sind,
'•ntschließt man sich aber zu dieser Annahme, so ist damit noch
liinge nicht einzusehen, warum diese hypostasierten Bewußtseinsvor-
giinge ihrer Natur nach Vorstellungen und zwar Erinnerungen sein
sollen, in dem einzig inhaltvollen Sinne, daß sie die Struktur von
Stellungen (d. h. insbesondere zeitlich-räumliche Dimensionierung!
unfähigen« Vorstellungen trotz ihrer Aktualität nicht zu gewußten
gemacht werden. Ihr Vorkommen ist pathologisch, »beim Gesunden
treten alle Vorstellungen, welche überhaupt aktuell werden können,
bei genügender Intensität auch ins Bewußtsein«. Über die Existenz
solcher bewußtseinsunfähiger Vorstellungen läßt sich also aus der
Erfahrung des Normalbewußtseins auch nichts ausmachen. Woraus
wird nun die Berechtigung zur Annahme dieser bewußtseinsunfähigen
Vorstellungen hergeleitet? Aus der klinischen Erfahrung (die For-
mulierung wird aus der »Vorl. Mitt.« wörtlich wiederholt), daß die
hysterischen Symptome nach dem Wiederbewußtmachen und Ab-
reagieren des veranlassenden Vorgangs verschwanden, woraus (»in
Umkehrung des Satzes: cessante causa cessât affectus«) auf die kon-
stante Präsenz dieses Vorgangs geschlossen wird. Aus dieser klini-
schen Erfahrung läßt sich aber zunächst nur dreierlei entnehmen:
erstens, daß die betreffenden Symptome psychogener Natur sind und
durch einen Affekt erstmalig zur Entstehung gebracht worden sind.
zweitens daß sich durch geeignete Maßnahmen der psychischen Be-
einflussung (Hypnose usw.) der begleitende Vorstellungsgehalt jenes
ASektes reproduktiv wieder ins Bewußtsein rufen läßt, und drittens.
daß die Symptome zum Verschwinden gebracht werden können, wenn
dem veranlassenden Affekt (samt seinen motivierenden Begleitum-
ständen) bei seinem neuerlichen Aktuellwerden unter Assistenz des
Arztes ein andersartiger Ablauf gegeben wird. Will man nun auch
''ir die nach Befestigung der Krankheit auftretenden physischen
Symptome ein psychisches Korrelat in irgendwelchen Bewußtseins-
prozessen ansetzen, die aber im Gegensatz zu den Affekten bei der
Provokation und bei der Abreaktion des Symptoms nicht mit dem
''esamtbewußtseinsinhalt des Kranken in Beziehung zu treten ver-
m"gen, so ist das eine Annahme, die der Begründung bedürfte.
Aus der Wirksamkeit des veranlassenden und des abreagierenden
Affektes dürfte diese Begründung nicht ohne weiteres gewonnen
Verden, da ja diese Prozesse nicht »bewußtseinsunfähig« sind,
'•ntschließt man sich aber zu dieser Annahme, so ist damit noch
liinge nicht einzusehen, warum diese hypostasierten Bewußtseinsvor-
giinge ihrer Natur nach Vorstellungen und zwar Erinnerungen sein
sollen, in dem einzig inhaltvollen Sinne, daß sie die Struktur von
Stellungen (d. h. insbesondere zeitlich-räumliche Dimensionierung!