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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0489
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Stottern als assoziative Aphasie. 485

Wenn ein Neuron zerstört oder lädiert sein soll, so könnte es
sich in Berücksichtigung der überstarken Innervation nur um ein
sensibles handeln.

Die in der Zeichnung hervorgehobene Bahn der Oberflächen- und
Tiefensensibilität müßte also nach der Annahme irgendwo defekt
oder lädiert sein. Man ist in Verlegenheit, welcher Abschnitt in
Frage käme; wahrscheinlich also (nach den zitierten Autoren) das
zuführende Projektionssystem der Hirnrinde. (Ähnlich äußerte sich
schon Scheanck, 1877). Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß das
System der Vier- und Sehhügel dem Zentrum C unserer psycho-
physikalischen Untersuchung entspricht (Lange), würde, außer einer
subjektiven Überinnervation im Sinne der Bewegungsrichtung diese
Annahme eine Unterbrechung der Kontinuität des psychischen Vor-
ganges sowie der physikalischen Erregung unter solchen Bedingungen
fordern, die ohne weiteres einen psychophysischen Parallelismus aus-
schließen würde. Eine Hypothese, die diese Forderung, vor
allem ohne Berücksichtigung der Psyche, stellt, kann ad
acta gelegt werden. Grobe Intelligenzdefekte habe ich, wie im
ersten Kapitel behandelt, sehr selten gefunden, und auch diesen
gegenüber behauptete das Stottern seine Selbständigkeit als Krank-
heitszustand. Die nähere Behandlung dieser Frage wird also in
noch größerem Umfange im neurologischen Betrachtungsstil vorzu-
nehmen sein.

Nach Ludwig Lange soll das in dieser Untersuchung (und auch von ihm)
^genannte Zentrum C in den Sehhügeln kombiniert mit den "Vierhügeln liegen.
"ier laufen Optikusfasern mit motorischen Rückenmarksfasern zusammen (Wündt).
Auch kann vermittels der Vierhügel eine reflektorische Regulierung von Körper-
bewegungen durch Gesichtseindrücke stattfinden. Endlich stehen diese Ganglien
'lurch Vermittlung des Thalamus opticus auch mit den motorischen Rinden-
^bieten in Zusammenhang (L. Lange, Wundt). Die Sehhügel stellen nach
Wundt Reflexzentren des Tastsinns dar.

In der MoxTschen Zeichnung erkennt man auch unschwer ihre
erwandtschaft zu dem Ziehen sehen Schema für den Vorgang der
(bewußten) »Handlung*.

Uer Schwerpunkt der hier angestellten psychophysiologischen
Untersuchung liegt in der Feststellung über Ataxie der Sprechbe-
egungen sowie über den psychophysischen Parallelismus bei der-
selben.
 
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